Eine nachhaltige globale Energiepolitik, noch weniger eine nachhaltige Klimapolitik, ist ohne die verantwortungsbewusste Kooperation der Schwellenländer, vor allem der aufstrebenden Mächte China und Indien, schlechterdings unmöglich. Dies gilt unabhängig davon, wie klimafreundlich und energiesparend sich die klassischen Industrieländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verhalten.
Das ist in Bezug auf den Verbrauch der weltweiten Energiereserven weniger beängstigend, weil diese durch technologische Innovationen (Stichwort: Fracking) und die Entdeckung beziehungsweise Ausbeutung neuer Lagerstätten nicht so rasch schrumpfen werden wie befürchtet. Nimmt der globale Verbrauch fossiler Energieressourcen nicht weiter zu, reichen die nachgewiesenen Kohlereserven noch für 122 Jahre, Öl und Gas noch für 52 beziehungsweise 61 Jahre.
Bedenklicher ist der wachsende Beitrag beider Staaten zur emissionsbedingten Klimaerwärmung, der weiter ansteigen wird, wenn nicht ein radikaler Politikwechsel einsetzt. Um die Chance zu wahren, die Erderwärmung auf nicht mehr als zwei Grad Celsius zu begrenzen, muss der Gesamtausstoß auf 1000 Gigatonnen CO2 beschränkt werden. Dieses globale Kohlenstoffbudget war aber schon 2014 zu zwei Dritteln ausgeschöpft.
China und Indien stehen vor ähnlichen Herausforderungen: Weiteres wirtschaftliches Wachstum und Armutsreduktion, das Anwachsen konsumfreudiger Mittelschichten und ein notwendiger Strukturwandel zu höherwertiger Produktion, Sicherheit der Energieversorgung und Minderung der Luftverschmutzung – all dies gilt es miteinander zu vereinbaren. Da der Energiesektor in beiden Staaten für etwa drei Viertel der Klimagasemissionen verantwortlich ist, ergibt es keinen Sinn, die Energie-, Klima- und allgemeine Umweltpolitik künstlich zu trennen; die Aussichten für Aufforstung, Verbesserung der Landnutzung und Abfallwirtschaft können daher außer Betracht bleiben. Zentral für das Verständnis der Position Chinas und Indiens auf den Klimakonferenzen und in Bezug auf die eigene Energiepolitik ist erstens ihre starke wirtschaftliche Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, insbesondere von Kohle, zweitens ihre steigende Abhängigkeit vom Import dieser Brennstoffe, was beides nur langsam und recht begrenzt durch den Ausbau regenerativer Energiequellen (plus die Förderung von Atomenergie) gemindert wird. Die Regierungen beider Staaten sorgen sich daher nicht zu Unrecht um die Sicherheit ihrer Energieversorgung und sind entsprechend darum bemüht, ihre Lieferanten und Versorgungswege zu diversifizieren (über Pipelines oder Gasterminals), die schwindenden eigenen Quellen besser zu erschließen und stärker in die Exploration und Produktion von Öl- und Gasquellen im Ausland durch staatseigene Energiekonzerne zu investieren.
In beiden Ländern sorgen die großen Bevölkerungszahlen, der zunehmende Wohlstand sowie der wachsende Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt dafür, dass durchaus vorzeigbare Minderungen bei der Emissions- und Energieintensität der Produktion durch weiteres wirtschaftliches Wachstum weit in den Schatten gestellt werden. Konsequenterweise haben die Regierungen beider Staaten auch kein Nahziel für die Kappung ihrer Emissionen für die Vorbereitung der Konferenz in Paris genannt, sondern diese Kappung auf 2030 (China) oder unbestimmte Zeit (Indien) verschoben.
Chinesischer Energiesektor
Mehr als bei allen anderen aufstrebenden Mächten dominiert in China Kohle beim Energieverbrauch mit einem Anteil von zwei Dritteln; bei der Stromproduktion sind es sogar fast 90 Prozent (wenn auch mit leicht abnehmender Tendenz).
Die zweitwichtigste Energiequelle in China ist Öl: Ihr Anteil am Energieverbrauch beträgt 20 Prozent. Obwohl die heimische Ölförderung rasch ansteigt, kann sie mit dem Verbrauch nicht mithalten; die Importquote stieg inzwischen auf über 50 Prozent, 2035 wird sie 72 Prozent betragen. 2014 wurde China vor den USA zum größten Ölimporteur. Geliefert wird vor allem aus dem Mittleren Osten, aber auch aus afrikanischen Ländern. Gas kommt für 5 Prozent des Energiekonsums auf – mit steigender Tendenz, da Gas Kohle als Energieträger teilweise ersetzen soll, um die Luftverschmutzung zu reduzieren. Seit 2007 muss China Gas importieren, die Einfuhrquote liegt bereits bei einem Drittel. Um die Liefersicherheit zu erhöhen, wurde der Import von Flüssiggas über Terminals vorangetrieben, zudem wurden zahlreiche Pipelines zu zentralasiatischen Lieferanten sowie nach Myanmar und Sibirien gelegt. Der chinesische Öl- und Gassektor ist oligopolistisch organisiert: Der Markt wird im Wesentlichen von drei Großkonzernen beherrscht. Private ausländische Investoren werden faktisch auf die Offshore-Förderung und schwierigere inländische Förderstätten beschränkt. Seit 2009 gibt es eine staatliche Ölreserve, die den Verbrauch für 120 Tage sicherstellen soll. Die Öl- und Gaspreise werden staatlich reglementiert, orientieren sich aber mit einer gewissen Verzögerung am Weltmarkt. Seit 2011 gibt es einen Steueraufschlag auf die Öl- und Gasproduktion, um zu Effizienzsteigerungen anzuregen.
Nuklearenergie deckt in China bislang nur 1 Prozent der Energienachfrage – trotz des raschen Ausbaus der Kapazitäten, der nach dem Fukushima-Vorfall aber abgebremst wurde. 15 Prozent des Energiekonsums sollen bis 2020 auf erneuerbare Energien entfallen; seit Jahren sind die chinesischen Investitionen in diese Energiequellen weltweit am höchsten. Wasserkraft ist dabei preisbedingt die Hauptquelle und kommt zurzeit für 2,2 Prozent des Energieverbrauchs auf, bei der Stromerzeugung aber immerhin für 17 Prozent. Auch was Windkraft angeht, ist China inzwischen der zweitgrößte Konsument der Welt. Gleichzeitig wird heftig in die Entwicklung von Solarenergie investiert; führende Hersteller von Windkraft- und Solaranlagen sind in China beheimatet. Dennoch: Wind- und Solarenergie kommen bislang nur für 1 Prozent des chinesischen Energieverbrauchs auf. Die restlichen rund 6 Prozent entfallen auf traditionelle Energiequellen (Dung, Holz etc.).
Indischer Energiesektor
In Indien werden etwa zwei Drittel der Energienachfrage durch fossile Träger gedeckt – mit steigender Tendenz, weil auch arme Haushalte beim Kochen zunehmend von Biomasse auf Strom umschwenken.
Erdöl deckt 23 Prozent der indischen Energienachfrage. Seine Förderung stagniert seit Mitte der 1990er Jahre. Zunehmende Importe belasten die ohnedies angespannte Leistungsbilanz erheblich; bis 2030 wird die Importquote bei Öl voraussichtlich auf 90 Prozent ansteigen. Die noch erschließbaren Ölreserven sind weitgehend offshore (in der Bucht von Bengalen), also nur relativ teuer zu fördern. Auch der Ölsektor wird von Staatsfirmen dominiert, obwohl Privatunternehmen aus dem In- und Ausland seit 1999 Anteile von bis zu 100 Prozent an neuen Öl- und Gasprojekten halten dürfen. Ihr zunächst reges Interesse an der Ausbeutung von Lagerstätten legte sich jedoch rasch. Denn die Staatsbetriebe behielten auch bei den Raffinerien und Pipelines dominanten Einfluss, zudem setzte der Staat die Abgabepreise häufig deutlich unter den Bereitstellungskosten an und ersetzte den Unternehmen nur teilweise die Unterdeckung. Mit den weltweit steigenden Ölpreisen ließ sich dieses System nicht mehr aufrechterhalten. Die Preise für Benzin, später für Diesel, wurden annähernd auf Weltmarktniveau gebracht und die Subventionen für Kerosin und Haushaltsgas reduziert.
Auch die Produktion von Gas, dessen Anteil am Energieverbrauch 6 Prozent ausmacht, stieg trotz neu entdeckter Reserven nur moderat. Ab 2004 muss Indien in wachsendem Maße Gas importieren. Dies wird sich mit der geplanten Umstellung etlicher Kraftwerke von Kohle auf Gas und dem vermehrten Einsatz gasbetriebener Kraftfahrzeuge noch steigern. Staatsbetriebe sind wie beim Öl die hauptsächlichen Produzenten und halten auch das Monopol an Transport und Verteilung. Die Gaspreise werden nach einer komplizierten Formel reguliert, wobei Kraftwerke und Düngemittelfabrikanten ebenso wie bei der Lieferung begünstigt werden. Der Gasimport leidet unter fehlenden Gasterminals und ungelösten Problemen beim Ausbau von Pipelines, die durch Pakistan führen müssten.
Der minimale Anteil von Kernkraft am Energieangebot hat wesentlich mit der nuklearen Isolation Indiens nach den Atomtests 1998 zu tun. Nachdem der Subkontinent dadurch lange Zeit von der Lieferung von Brennstoff und Nukleartechnologie abgeschnitten war, hat das Atomabkommen mit den USA 2008 zur erneuten Öffnung geführt. In der Folge hat die indische Regierung ihre Pläne zum Bau neuer Atomreaktoren (gegenwärtig sind es 21) deutlich erweitert; deren Realisierung krankt aber noch an rechtlichen Differenzen mit amerikanischen Firmen über die Haftung bei atomaren Unfällen. Zudem mehren sich die Proteste der indischen Bevölkerung gegen die geplanten Atomanlagen.
Erneuerbare Energien werden ein zunehmend wichtiger Teil des indischen Energiemixes; ihr Anteil liegt derzeit bei etwa 27 Prozent. Wasserkraft war bei erneuerbaren Energien bislang Nummer eins, der Ausbau verzögert sich aber seit Jahren wegen Problemen beim Landerwerb und der Umsiedlung der Bevölkerung. Biomasse ist ein traditionell wichtiger Bestandteil der ländlichen Energieversorgung, wird wegen des Anschlusses ländlicher Gemeinden ans Stromnetz aber voraussichtlich an Bedeutung verlieren. Windenergie kommt für den nächstgrößten Anteil erneuerbarer Energien auf, wird aber bald von der Solarenergie überholt werden, deren Ausbau von der indischen Regierung forciert wird. Indien liegt weltweit bereits auf Platz fünf der Windkrafterzeugung, verfügt über erhebliche Kapazitäten zum Ausbau der Solarenergie und eine stattliche Anzahl von Betrieben zur Herstellung von Wind- und Solarstromanlagen. Zwar ist Strom aus Solar- und Windkraftanlagen trotz verschiedener Vergünstigungen noch immer deutlich teurer als jener aus Kohlekraftwerken, die Differenz schrumpft jedoch schnell und wird in 15 Jahren wohl fast eingeebnet sein. Zu bedenken ist aber, dass selbst bei der Realisierung der ambitionierten Ausbaupläne erneuerbare Energien nur einen moderaten Teil der steigenden Energienachfrage decken können. Weitere Probleme sind der mangelnde Ausbau von Leitungen in die Regionen des hauptsächlichen Verbrauchs, die durchwachsene Befolgung von Einspeisevorschriften in manchen Unionsstaaten, die zwischenzeitliche Aussetzung von Steuervergünstigungen für Windkraftanlagen, unrealistische Zielvorgaben für den Ausbau, immer noch hohe Importquoten bei den Anlagen und der nicht unbeträchtliche Flächenbedarf erneuerbarer Energiequellen.
Chinas Energie- und Klimapolitik
Die chinesische Energiepolitik war lange Zeit geleitet vom Prinzip der Selbstversorgung; sparsamer Energieeinsatz kam erst mit steigender Abhängigkeit von Importen aus wenig stabilen Ländern, dem Anstieg der Öl- und Gaspreise und der Verschlechterung der Luftqualität hinzu. Spezifische Ziele der chinesischen Energiepolitik waren und sind die Diversifikation der Quellen – unter anderem durch den Ausbau erneuerbarer Energien – und der Lieferanten, die Erhöhung der lokalen Produktion, die Aufstockung einer strategischen Ölreserve sowie stärkeres Engagement bei Exploration, Produktion und der Sicherung langfristiger Lieferverträge mit ausländischen Partnern.
Schon 2005 beschloss die politische Führung, die Energienachfrage müsse unter Kontrolle gebracht werden: Der 11. Fünfjahrplan (2006–2010) enthielt erstmals einen auf Provinzebene heruntergebrochenen und sanktionsbewehrten Zielwert zur Reduktion der Energieintensität der Produktion (minus 20 Prozent), der unter anderem durch Energiesparen und Erhöhung der Effizienz sowie einen Strukturwandel zugunsten von weniger energieintensiven Industriesektoren erreicht werden sollte. Hierfür wurden verschiedene Einzelprogramme beschlossen, die folgende Maßnahmen vorsahen: Energiesparauflagen für die tausend größten Unternehmen des Landes, eine staatlich geförderte Verbesserung der Energieausbeute durch Kraft-Wärme-Kopplung, Substitution von Öl durch Gas, Steigerung der Energieeffizienz bei Kraftfahrzeugen, Heizanlagen und Beleuchtung sowie die Schließung von wenig energieeffizienten Klein- und Mittelbetrieben. Verbrauchsstandards für kommerzielle Gebäude, Haushaltsgeräte und Kraftfahrzeuge kamen hinzu. Die Auflagen für den Bau von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien wurden gelockert, der Bau von Solaranlagen kräftig subventioniert. Die Strompreise wurden ab 2006 nach Verbrauch der Unternehmen progressiv gestaffelt und die Körperschaftssteuer bei energiesparenden Investitionen reduziert.
Der 12. Fünfjahrplan (2011–2015) bekräftigte den eingeschlagenen Weg. Folgende Maßnahmen wurden darin beschlossen: eine erneute Reduktion der Energieintensität der Produktion (minus 16 Prozent), eine weitere Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien im Verbrauchsmix, eine substanzielle Anhebung der Einspeisetarife für erneuerbare Energien, die Verzehnfachung der zur Energieeinsparung herangezogenen Unternehmen, die Umstellung auf öffentliche Verkehrsmodi, die Einführung strikter Höchstgrenzen für den Benzinverbrauch mit privaten Kraftwagen, die Einführung von Emissionszertifikaten für sieben Pilotregionen und etliche Kommunen und – noch wichtiger – eine Umstellung des gesamten industrie-, export- und energielastigen Wirtschaftsmodells hin zu einem stärker auf dem Binnenmarkt, technologieintensiven und nachhaltigen Sektoren basierenden Muster, das von der Regierung als "ökologische Zivilisation" bezeichnet wird.
Dennoch gibt es in der chinesischen Klima- und Energiepolitik natürlich Defizite. Wesentlich ist, dass diese Anstrengungen nicht genügen, um den weiteren Anstieg der Emissionen und des Energieverbrauchs umzukehren, wobei hier aber eine deutlichere Wende vollzogen wird als in Indien. Weitere Defizite sind das institutionelle Wirrwarr bei der Politikgestaltung durch die Einsetzung stets neuer Koordinierungsgremien, der überstarke Einfluss staatlicher Energiekonzerne, der durchwachsene Vollzug zentralstaatlicher Vorgaben durch die Provinzregierungen (die immer noch stärker an ungebremstem Wachstum interessiert sind), der mangelhafte Anschluss regenerativer Energieerzeuger ans Stromnetz, die Dominanz des "Command-and-control"-Ansatzes beim Vollzug der Einsparungen und – wie in Indien – eine immer noch hohe Subventionierung des Energieverbrauchs, insbesondere des Stromverbrauchs privater Haushalte.
Indiens Energie- und Klimapolitik
Auch Indien ist energiepolitisch seit fast zwei Jahrzehnten auf einem deutlichen Reformkurs. Wie China ist es um eine Diversifikation der Energiequellen und Effizienzsteigerungen bei der Produktion bemüht, zudem sollen bislang nicht versorgte Bevölkerungsteile ans Stromnetz angeschlossen, Transmissionsverluste verringert und alternative Energien ausgebaut werden. Um diese Ziele zu erreichen, wurden seit Ende der 1990er Jahre zahlreiche Initiativen gestartet: 1997 wurde privaten Investoren die Ausbeutung von Öl- und Gasreserven gestattet; seit 2001/2002 ist die Regierung ermächtigt, Normen für den Energieverbrauch von energieintensiven Industrien und Bauten zu erlassen; 2003 wurde eine zentrale Regulierungsbehörde für die Stromversorgung und Preissetzung etabliert sowie industriellen Verbrauchern die Stromproduktion für den eigenen Verbrauch gestattet. Die "Nationale Umweltpolitik" (2006) sah die Vergabe von Verbrauchssiegeln für Industrieprodukte und finanzielle Anreize für saubere Technologien vor. Im Anschluss wurden acht nationale "Missionen" anvisiert, eine davon für die Förderung der Solarenergie, eine andere zur Förderung der Energieeffizienz in wichtigen Industriesektoren. Die "Integrierte Energiepolitik" (ebenfalls 2006) forderte die Steigerung der Energieeffizienz, Priorität für den öffentlichen Nahverkehr sowie eine Förderung von Biokraftstoffen. Gleichzeitig wurden Ökolabels für Haushaltsgeräte und etwas später ein Kodex für Energieeinsparung in Gebäuden eingeführt. Großbetriebe in neuen Industriesektoren wurden zur Veröffentlichung geprüfter Energiebilanzen gezwungen, unter dem Verbrauchssoll liegende Betriebe dürfen seither die Differenz per Zertifikat an andere verkaufen. Schließlich versuchte ein Programm von 2008 durch finanzielle Anreize die Verluste bei den unionsstaatlichen Stromverteilern zu vermindern. 2014 wurden die Kohleabgabe verdoppelt und der Zielwert für die Solar- und Windenergiekapazität massiv erhöht. Die Aufzählung der Maßnahmen ließe sich fortführen – schon so aber zeigt sie, dass Indien zumindest im nationalen Rahmen eine progressive Energiepolitik verfolgt, die das Potenzial hat, die Klimagasemissionen deutlich zu senken.
Diese positive Bilanz wird vor allem durch den dennoch stark steigenden Energieverbrauch und entsprechend hohe CO2-Emissionen getrübt. Letztere sind hauptsächlich durch das Wirtschaftswachstum bedingt, aber auch durch politische Defizite. Davon fallen die Folgenden besonders ins Auge: erstens die Zersplitterung der Kompetenzen zwischen allzu vielen Ministerien und Agenturen sowie zwischen Zentral- und Landesregierungen; zweitens die auch wegen des Widerstandes von Staatsbetrieben mäßige Beteiligung privater Investoren im Energiebereich; drittens die fehlende Überwachung der kleinen und mittleren Betriebe beim Energieeinsatz und der Luftverschmutzung; viertens die nach wie vor rekordverdächtigen Transmissionsverluste von 25 Prozent bei Strom (durch technische Defekte, fehlende Verbrauchsmessung und Stromklau); und fünftens die aus wahltaktischen Gründen nach wie vor hohe Subventionierung von Energie (vor allem bei Strom), die zur Verschwendung anregt und Anreize für die Entwicklung erneuerbarer Energien mindert.
Ergebnisse und Perspektiven
Entgegen landläufiger Meinung blieben die staatlichen Vorgaben für den energie- und klimapolitischen Politikwechsel in China und Indien nicht ohne Wirkung: Die relativ ehrgeizigen Ziele, die sich China in den beiden Fünfjahrplänen 2006 bis 2015 hinsichtlich der Senkung der Energieintensität der Produktion gesteckt hatte, wurden alle erreicht,
Gemessen an ihrem Einfluss auf die globalen Energiemärkte und vor allem auf das Weltklima sind die für die Konferenz in Paris Ende 2015 erstellten Emissionsminderungspläne Chinas und Indiens nicht wirklich ehrgeizig. Sie reichen auch nicht aus, um das Ziel von maximal zwei Grad Celsius Erderwärmung halten zu können. Die von den politischen Vertretern beider Staaten abgegebenen Erklärungen wiederholen stets dieselben Argumente, warum nicht mehr möglich sei: Für ärmere Staaten habe Wachstum und Armutsbeseitigung Vorrang, man habe doch schon so viel getan, weise pro Kopf noch sehr geringe Emissionen und einen vergleichsweise geringen Energieverbrauch auf, die Industrieländer seien ihrer historischen Verantwortung für die Abwendung der Klimakatastrophe noch nicht gerecht geworden, und so weiter. Die von anderen Ländern kritisierte Bremserfunktion dieser beiden Staaten wird empört zurückgewiesen, mitunter im Stil einer Realsatire.
Dazu nur so viel: Die Pro-Kopf-Emissionen sowohl von China als auch von Indien steigen weiterhin rasch und schöpfen damit einen großen Teil des verbleibenden globalen Kohlenstoffbudgets aus; dabei kommen in beiden Ländern große Teile der Bevölkerung nur unterproportional in den Genuss von Energie oder damit zusammenhängenden Subventionen. Und, noch entscheidender: Die zur Konferenz in Paris gemeldeten Minderungen der Emissionsintensität bis 2030 (40 bis 45 Prozent bei China und 33 bis 35 Prozent bei Indien) sind kleiner als beide Staaten mit der Fortsetzung des bisherigen Kurses erreichen können, sie verlangen also keine zusätzlichen Anstrengungen.