Hat der Staat eine eigene Privatsphäre? Können seine Repräsentanten sich "wie Privatleute" in einen vor dem Blick der Öffentlichkeit geschützten Raum zurückziehen, in dem wichtige und grundsätzliche Entscheidungen im Stillen vorbereitet werden, ohne dass die Öffentlichkeit nachvollziehen kann, wer sich mit welchen Beiträgen daran beteiligt? Oder muss in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts alles nicht nur faktisch, sondern auch "von Rechts wegen" offen und öffentlich werden? Muss alles für jeden sofort "in Echtzeit" zugänglich und kommentierbar sein, weil es in Sekundenbruchteilen in den letzten Winkel dieser Republik transportiert werden kann? Darf es überhaupt noch abgeschottete Reservate staatlichen Wissens und staatlicher Entscheidungsfindung geben? Wie verändert sich unser Verständnis von "Öffentlichkeit" und demokratischer Partizipation? Und welche Rolle spielt dabei das Recht auf freien Informationszugang, wie es zum Beispiel im Informationsfreiheitsgesetz des Bundes geregelt ist?
Die Räume des "Öffentlichen" und des "Privaten" konnten sich erst mit der Sesshaftigkeit, dem Eigentum, der Bildung größerer, arbeitsteilig organisierter Siedlungen und der Herausbildung der ersten Staaten entwickeln. Der öffentliche Raum lag vor der eigenen Schwelle, jenseits des eigenen Besitzes und der Privatsphäre, die im alten Rom durch die machtvolle Stellung des pater familias gegenüber Familie, Bediensteten und Sklaven definiert wurde.
Die im Laufe der Geschichte immer stärker werdende öffentliche Gewalt stellte den Freiraum des "Privaten" in Frage. Zugleich entwickelt sich ab dem Mittelalter ein wirtschaftlich starkes Bürgertum, das sich vom Deutungs- und Sinnvermittlungsmonopol der katholischen Kirche und damit auch von deren Machtanspruch zu lösen versuchte. Zum Bürger wurde das Individuum erst dann, wenn es sich politisch, das heißt öffentlich betätigte.
Diese Emanzipation wurde gefördert durch die zunehmende Verbreitung der vereinheitlichten nationalen europäischen Schriftsprachen und die Drucktechnik, welche die Vervielfältigung und Verbreitung von Inhalten und Ideen leichter, schneller und kostengünstiger machte als die handschriftliche Kopie im Skriptorium der Klöster. Die neue Technik des späten 15. Jahrhunderts erweiterte den Raum des öffentlichen Diskurses und des "öffentlichen Bewusstseins" weit über die einzelnen Städte und Territorien hinaus und wurde zum Träger einer europaweiten Diskussionskultur. Vergleichbare Quantensprünge folgten erst wieder im späten 19. Jahrhundert mit der Telegrafie und den tagesaktuellen, für größere Kreise erschwinglichen Zeitungen, im 20. Jahrhundert mit den elektronischen Massenmedien Rundfunk und Fernsehen und schließlich mit dem Internet, das jedermann die Möglichkeit eröffnet, beliebige Inhalte einer weltweiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Wachsender Informations- und Partizipationsanspruch
Partizipation ist ein Wesenselement der Demokratie. Die monokratische Machtausübung und ihre Erblichkeit werden nicht mehr als gottgegeben angesehen. Vielmehr verleiht das Volk politische Macht auf Zeit und überprüft deren Handhabung in freien Wahlen. Staatliche Machtausübung muss öffentlich kontrollierbar sein, was ein Mindestmaß an Transparenz staatlichen Handelns voraussetzt. Neben den Parlamenten kommt der Presse essenzielle Bedeutung zu, die – stellvertretend für die Gesellschaft – Informationsansprüche gegenüber staatlichen Stellen geltend machen kann. Die so erlangten Informationen werden zum Gegenstand öffentlicher Debatten. Presse-, Informations- und Meinungsfreiheit gehören deshalb zur unverzichtbaren Grundausstattung aller Demokratien, die diesen Namen verdienen.
Mit den Möglichkeiten der Informationstechnologie wachsen Informations- und Partizipationsansprüche. Zugleich werden die Forderungen nach direkter Demokratie lauter, zumal die technischen Restriktionen an Bedeutung verlieren. Wo jeder über staatliche Rechtsetzungs- und Planungsaktivitäten technisch mühelos und kostenfrei ins Bild gesetzt werden könnte, darf sich der Staat nicht zugeknöpft geben.
Das Misstrauen gegen "geschlossene" Willensbildungsprozesse wächst und mit ihm der Rechtfertigungsdruck der Entscheidungsträger, und zwar nicht nur bezogen auf die eigentliche Sachentscheidung, sondern auch mit Blick auf den Grad der gewährten und der möglichen Transparenz. Mehr Transparenz staatlichen Handelns kann dem schleichenden Vertrauensverlust gegenüber staatlichen Institutionen begegnen.
"Risiken und Nebenwirkungen"
Gegen die Forderung nach mehr staatlicher Transparenz werden verschiedene Argumente vorgebracht:
Erstens, mehr Informationen führen nicht automatisch zu mehr Informiertheit. Aus dieser – alles andere als neuen – Erkenntnis die Konsequenz zu ziehen, die Informationsmenge zu reduzieren, wäre völlig verkehrt. Der Staat muss seine Informationen gut strukturiert zugänglich machen, so dass seine Entscheidungsfindung und sein Handeln nachvollziehbar werden. Das Internet vergrößert nicht nur die Informationsmenge, es stellt auch Mittel bereit, diese Informationen zu erschließen.
Dabei dürfen allerdings die Rahmenbedingungen der Informationserschließung nicht außer Acht gelassen werden. Der Rang einer von der Suchmaschine ermittelten Information entspricht nicht unbedingt ihrer tatsächlichen Bedeutung. Solcher wahrnehmungsverstärkenden Dominanzeffekte und -verzerrungen sollte sich der informationssuchende Bürger bewusst sein.
Zweitens, Forderungen nach Transparenz sind Ausdruck des Misstrauens gegenüber dem Staat. Dieser These liegt ein grundlegendes Missverständnis zu Grunde. Wie bereits ausgeführt, sind staatliche Institutionen gegenüber der Gesellschaft rechenschaftspflichtig. Kontrolle ist insofern ein Wesenselement einer jeden Demokratie. Damit diese Kontrolle funktioniert, müssen die "Kontrolleure", also in letzter Instanz das Volk, staatliche Entscheidungen bewerten, und das können sie nur auf Basis ihnen zur Verfügung stehender Informationen. Problem und Quelle des Misstrauens ist dabei nicht zu viel, sondern zu wenig Transparenz. In diesem Sinne kann die Offenlegung von (noch mehr) Daten, Fakten und entscheidungsrelevanten Argumenten zu mehr Vertrauen in staatliches Handeln und seine Akteure beitragen.
Drittens, die Verpflichtung zur Offenlegung führt dazu, dass relevante Informationen nicht mehr dokumentiert werden. Ich will nicht ausschließen, dass einzelne Funktionsträger versuchen könnten, sich so ihrer Rechenschaftspflicht zu entziehen. Dies ist allerdings nichts wirklich Neues, denn auch heute müssen staatliche Stellen damit rechnen, dass ihr Handeln extern, durch Gerichte, Parlamente, Rechnungshöfe und Datenschutzbeauftragte, im Detail kontrolliert wird. Die Aktenvernichtungsaktionen bei Nachrichtendiensten nach Bekanntwerden der rechtsterroristischen Aktivitäten des "nationalsozialistischen Untergrunds" im Jahr 2011 deuten in diese Richtung. Mehr Öffentlichkeit würde aber für die Verantwortlichen das Risiko erhöhen, dass gezielte Nichtdokumentation und damit der Versuch auffliegt, sich der gesellschaftlichen Rechenschaftspflicht zu entziehen.
Viertens, das Informationszugangsrecht führt zu unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand und verursacht Kosten. Diese Aussage hat einen wahren Kern, beschreibt aber nur einen Teil des Bildes. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Heraussuchen und die Erschließung von Akten Arbeitskraft und Geld bindet. Allerdings darf der mit Anfragen verbundene Aufwand nicht isoliert gesehen werden. So haben manche Behörden nach Einführung von Informationsfreiheitsgesetzen ihre Aktenpläne und Dokumentenverwaltungssysteme optimiert. Dies erleichtert auch die Verwaltungstätigkeit und führt zu Kostensenkungen. Zudem kann die frühzeitige öffentliche Diskussion staatlicher Planungen durchaus auch einen kostendämpfenden Effekt entfalten. Ob ein optimierter Informationszugang also per Saldo zu höheren Kosten führt, ist durchaus zu hinterfragen.
Schließlich ist auch die Auswertung von Rohdaten heute einfacher denn je – eine Tatsache, die insbesondere im Hinblick auf die weiter unten diskutierten Open-Data-Konzepte zunehmend bedeutsam ist.
Rechtliche Seite
Weil staatliche und private Stellen immer mehr personenbezogene Informationen anhäufen, rückt zunehmend die rechtliche Steuerung des Informationszugangs ins Blickfeld. Die rechtlichen "Stellschrauben" können in unterschiedliche Richtungen gedreht werden: zu mehr oder zu weniger Transparenz.
Aus der Furcht einflößend düsteren, "transparenzfesten" staatlichen "Informationsburg" mit winzigen Schießscharten, durch die ein Einblick in das Innere kaum möglich ist, kann durchaus ein transparenter, heller Glasbau werden – mit nur einzelnen wenigen Milchglasfenstern und nur sehr wenigen, blickdicht abgeschotteten Räumen. Die architektonischen Grundzüge dieses Gebäudes stehen aber nicht im beliebigen Ermessen des Architekten. Sie sind vielmehr durch die Verfassung definiert und von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konkretisiert.
Damit bin ich bei einem "Grundthema" des Bundesverfassungsgerichts, das in vielen Entscheidungen die Transparenz staatlichen Handelns gefördert hat, selbst dort, wo man dies auf den ersten Blick nicht vermutet: beim Datenschutz. Mit dem Volkszählungsurteil 1983 hat das Gericht die Verhinderung "einschüchternder Wissensallmacht" eines Staates betont, der bei jeder Gelegenheit alles über alle seine Bürger weiß. Einen Staat, der sein umfassendes Herrschaftswissen mit niemandem teilt, die Bevölkerung mit einer Kombination aus Allwissen und Intransparenz einschüchtert, dürfe es nicht geben. Das aus der Menschenwürdegarantie und aus dem Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit abgeleitete Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung setzt nicht nur staatlicher Datenverarbeitung Grenzen, es gewährleistet für den Betroffenen Transparenz durch einen Anspruch auf Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten.
Gelebte Demokratie und aktive Partizipation erfordern unerschrockene Bürgerinnen und Bürger, einen aufrechten Gang und eine aktive und informierte Teilnahme am politischen Diskurs. Eine notwendige Voraussetzung hierfür ist der Anspruch zu wissen, welche staatliche Stelle in welchem Kontext welche Informationen über mich gespeichert haben. Zu dieser notwendigen und unverzichtbaren Voraussetzung muss aber eine weitere kommen: der freie Zugang zu staatlichen und kommunalen Informationen als Grundlage einer intensiven und sachlichen öffentlichen Diskussion und Meinungsbildung. Erst sie ermöglicht eine effektive Partizipation. Diesen Aspekt des Informationszugangs hatte das Bundesverfassungsgericht übrigens schon 1969, also 14 Jahre vor dem Volkszählungsurteil im Blick: Damals hieß es im Entscheidungstext, dass es zu den elementaren Bedürfnissen des Menschen zähle, sich aus möglichst vielen Quellen zu unterrichten und damit sein Wissen zu erweitern und seine Persönlichkeit zu entfalten.
Auch die Rechtswissenschaft betont die Bedeutung der frei zugänglichen staatlichen Information für die gelebte Demokratie und hat sich schon frühzeitig für einen voraussetzungslos gewährten Anspruch auf Informationszugang eingesetzt, auch wenn ein explizites Grundrecht auf Zugang zu amtlichen Informationen vom aktuellen Verfassungstext derzeit noch nicht vorgesehen ist. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG hält als Abwehrrecht lediglich den Zugang zu "allgemein zugänglichen Quellen" offen, die aber bereits anderweitig geöffnet sind. Er begründet dagegen nach herrschender Meinung der Jurisprudenz kein Leistungsgrundrecht auf Öffnung allgemein zugänglicher Quellen.
Diese Position ist allerdings im Lichte eines modernen Staats- und Grundrechteverständnisses zu überprüfen. Ist es wirklich gerechtfertigt, dass der Staat mit öffentlichen Mitteln finanzierte Daten der Öffentlichkeit vorenthält oder allenfalls scheibchenweise zur Verfügung stellt? Stehen sich Staat und Gesellschaft tatsächlich als zwei unabhängige Akteure gegenüber? Oder ist es nicht vielmehr so, dass der Staat als "Dienstleister" für die Gesellschaft agiert und deshalb einer immanenten Transparenzpflicht unterliegt, die wegen ihrer Demokratierelevanz bereits heute Verfassungsrang hat? Vor diesem Hintergrund spricht jedenfalls vieles dafür, das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Geheimhaltung und Öffentlichkeit staatlicher Daten umzukehren und dies mit einem grundrechtlich gewährleisteten Informationsanspruch zu verdeutlichen. Nur wenn das essenzielle staatliche Funktionsinteresse oder der Schutz von Rechten Dritter überwiegen, sollte der Informationszugang ausgeschlossen werden.
Wie wichtig diese Debatte ist, zeigt eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Februar 2013. Erstmalig hat das Gericht für die Presse einen verfassungsunmittelbaren (Leistungs-)Anspruch auf Auskunft und in dem verhandelten Spezialfall einen durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgesicherten Informationszugang bejaht.
Informationszugang als "Jedermannsrecht"
Auf einfachgesetzlicher Ebene gibt es bereits seit den 1990er Jahren allgemeine, nicht nur für die Medien nutzbare Rechtsansprüche auf Informationszugang zu behördlichen Umwelt-, Verbraucher- und sonstigen Informationen. Das Umweltinformationsgesetz (UIG), das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) und das nach langem Anlauf und heftiger Diskussion auch innerhalb der Regierungskoalition im Herbst 2005 beschlossene, am 1. Januar 2006 in Kraft getretene Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) folgen dem Ansatz des voraussetzungslosen, begründungsfreien Informationszuganges.
Das IFG verpflichtet die Verwaltungsbehörden des Bundes, den Zugang zu amtlichen Informationen auf Antrag zu gewähren, soweit nicht das UIG, das VIG oder andere vorrangige Regelungen greifen. Darüber hinaus verpflichtet es diese Behörden, einen derzeit allerdings noch sehr knapp gefassten Kanon von behördlichen Informationen proaktiv ins Netz zu stellen. Eine sogenannte Bereichsausnahme mit vollständiger Herausnahme eines Verwaltungszweiges gilt nur für die Nachrichtendienste des Bundes. Alle übrigen Bundesbehörden sind grundsätzlich zur Gewährung des Informationszuganges verpflichtet und müssen im Einzelfall darlegen, weshalb, inwieweit und wie lange im Einzelfall ausnahmsweise der Informationszugang verweigert werden kann. Der Katalog dieser gesetzlichen Ausnahmen ist allerdings lang, teilweise nicht sehr präzise und partiell so redundant, dass sich der Eindruck aufdrängt, den Bundestag habe auf den letzten Metern des Gesetzgebungsprozesses der Mut verlassen.
Manche Grundsatzfrage zum Anwendungsbereich und zu den Ausnahmetatbeständen des IFG hat inzwischen die Rechtsprechung geklärt. So war zum Beispiel streitig, ob und wenn ja inwieweit die "Regierungstätigkeit" der Transparenzverpflichtung unterliegt. Das Verwaltungsgericht Berlin kam in zwei frühen Entscheidungen zu der Auffassung, die staatslenkende und insbesondere die gesetzesvorbereitende Tätigkeit sei generell von der Anwendung des IFG ausgeschlossen. Ich freue mich, dass das Bundesverwaltungsgericht dieser restriktiven Auslegung des IFG mit seiner Entscheidung vom 3. November 2011 einen Riegel vorgeschoben hat. Es hat auch den Anwendungsbereich der Rechtsfigur des "Kernbereiches exekutiver Eigenverantwortung" deutlich eingeschränkt, das ebenfalls kein unbeschränkt ausbaufähiges Arkanreservat und auch keine vor Einblicken der Bürgerinnen und Bürger und der Presse geschützte "Quasi-Privatsphäre" des Staates eröffnet.
Zukunft der Informationsfreiheit
Informationsfreiheit bedeutet mehr als staatliche Reaktion auf individuelle Informationswünsche einzelner Bürgerinnen und Bürger. Informationsfreiheit sollte nicht nur "reaktiv" verstanden werden, sondern sie hat auch ein proaktives Element. Dieses schwächelt aber noch deutlich, schon weil die Rechtsgrundlage längst noch nicht stark genug ist. Obligatorisch müssen die Bundesbehörden gegenwärtig lediglich Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten ins Internet stellen. Weitere Behördeninformationen sollen, müssen aber derzeit noch nicht proaktiv bereitgestellt werden.
Transparenz ist aber erst dann mit der gebotenen Breitenwirkung gewährleistet, wenn das proaktive Informationsangebot erheblich ausgebaut wird. Hierzu bedarf es auf Bundesebene eines kräftigen Anstoßes durch den Gesetzgeber, der dabei selbst auf modellhafte Regelungen einzelner Bundesländer zurückgreifen kann. Ein sehr positives Beispiel ist das Hamburgische Transparenzgesetz, das auf eine erfolgreiche Volksinitiative zurückgeht und 2012 einstimmig von der Bürgerschaft beschlossen wurde. Die Behörden haben seitdem ein zentrales Informationsregister einzurichten, in dem nicht nur in öffentlicher Sitzung gefasste Beschlüsse, Haushalts- und Aktenpläne, sondern auch konkrete Datenbestände wie Geodaten, das Baumkataster sowie Subventions- und Zuwendungsvergaben eingestellt werden sollen. Ferner sollen auch Verträge eingestellt werden, die staatliche Stellen mit Privaten zur Daseinsvorsorge geschlossen haben. Damit werden auch Unternehmensdaten zu städtischen Beteiligungen, jährliche Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene publik gemacht. Die Nutzung dieses Informationsregisters, das im Herbst 2014 betriebsbereit stehen soll, wird kostenlos möglich sein. Mit dem Transparenzgesetz wurden also vorausschauend modellhafte rechtliche "Leitplanken" für eine aktive Informationspolitik geschaffen.
Der Bund verfolgt demgegenüber leider einen weit weniger ambitionierten Ansatz, der Rechtsänderungen jedenfalls zunächst ausklammert. Die oben skizzierten, viel zu knappen rechtlichen "Pflichtvorgaben" für die proaktive Information werden offensichtlich auch in der Schlussphase der laufenden Legislaturperiode nicht mehr angefasst. Immerhin will die Bundesregierung mit dem am 19. Februar 2013 angelaufenen Open-Data-Portal (Externer Link: http://www.govdata.de) ausloten, was in einem überschaubaren Rahmen praktisch möglich ist, bevor – was zu hoffen bleibt – in einem späteren Schritt auch die "normative Unterlegung" erfolgt. Das Portal soll einen zentralen Zugang zu weiterverwendbaren Daten des Bundes, einzelner Länder und Kommunen bieten. Mit dem Prototyp wird eine Infrastruktur für eine standardisierte Datenbereitstellung geschaffen, die in den kommenden Monaten getestet und fortlaufend weiterentwickelt werden soll.
Ich freue mich, wenn Nichtregierungsorganisationen und Landesparlamente, wie in Hamburg, mutig vorangehen und den Weg bereiten für den Bund und insbesondere auch die (wenigen) Länder, die wie Bayern, Hessen, Sachsen, Baden-Württemberg und Niedersachsen immer noch kein Informationsfreiheitsgesetz haben.
Rückblick und Ausblick
Zum Abschluss zunächst ein Blick 232 Jahre zurück: Mut zur Transparenz ist kein neues Phänomen. Als 1781 der Bericht des französischen Finanzministers Jacques Necker über die prekäre staatliche Finanzlage mit Empfehlungen für eine sinnvollere Besteuerung im Buchhandel angeboten wurde, waren "die ersten 3000 Exemplare im Handumdrehen vergriffen, und bald (…) mehr als 20000 verkauft". Der Herzog von Croÿ, Höfling, Offizier und Verwaltungsmann der Bourbonen und Verfasser eines (inzwischen nicht mehr) geheimen Tagebuches, hatte "noch nie einen größeren Menschenauflauf erlebt". Und "weil dieser höchst bedeutende Bericht für die gesamte Welt wegweisend werden konnte",
Auf jeden Fall aber gilt: Transparenz ermöglicht den öffentlichen Diskurs und den Wettbewerb politischer Ideen. Ebenso begründet sie Vertrauen in die Lernfähigkeit und die Effizienz des Staates, das für die Akzeptanz staatlicher Entscheidungen unerlässlich ist. Akzeptanz und Vertrauen stärken schließlich Legitimität, Loyalität und inneren Frieden. Die volkswirtschaftlichen Kosten der proaktiv mit Hilfe der modernen Informationstechnik gewährleisteten Transparenz sind demgegenüber überschaubar und werden tendenziell weiter sinken. Was also hindert uns, in diesem Sinne weiter zu denken und mehr zu tun?