China ist für die deutsche Wirtschaft nicht mehr wegzudenken. Für Unternehmen aller Größen und Branchen ist das Land sowohl Produktionsstandort als auch Absatzmarkt. Auch als Eckpfeiler für die gesamte Asienstrategie spielt der chinesische Markt eine immer größere Rolle. Doch die allgegenwärtige Produkt- und Markenpiraterie beeinträchtigt das Geschäft. Knapp 65 Prozent aller in Deutschland aufgegriffenen Waren, die geistige Eigentumsrechte verletzen, stammen aus China.
Produktpiraten fälschen oder ahmen Produkte nach und verwenden bereits etablierte Marken. Ihr Ziel ist das Erreichen hoher Gewinne vor allem durch Einsparung von Kosten. In der Regel wird von Produkt- und Markenpiraterie gesprochen, sobald geistige Eigentumsrechte des Originalherstellers verletzt werden. Konsum- und Investitionsgüter, komplette Fertigungslinien, einfache Massenware und Hochtechnologie sind gleichermaßen betroffen. Kopiert wird alles, was absatzfähig und Gewinn versprechend erscheint.
Über die Hälfte aller deutschen Unternehmen mit Engagement in China dürfte schon einmal von Piraterie betroffen gewesen sein. Volkswagen sieht sich mit dem Nachbau von Motor und Getriebe konfrontiert,
Die oft billigeren und qualitativ minderwertigen Piraterieprodukte führen zu Umsatzeinbußen und Rufschädigung für Unternehmen. Die volkswirtschaftlichen Kosten sind immens. Arbeitsplätze gehen verloren und Steuereinnahmen sinken. Verbraucher haben – wie unlängst bei Milchprodukten und Spielzeug – gesundheitliche Konsequenzen zu befürchten.
Für Unternehmen geht es um weit mehr als den kurzfristig entstehenden materiellen Schaden. Im Zeitalter von Wissensökonomie, starker Arbeitsteilung und enger Kooperation wirkt sich das Piraterie-Phänomen langfristig auf die Zusammenarbeit mit chinesischen Geschäftspartnern, Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern aus. Eine Investition in China erfordert mehr denn je die Einbindung lokaler Partner und Mitarbeiter sowie den Aufbau von Netzwerken. Doch Produktpiraterie entsteht in den allermeisten Fällen im direkten Umfeld des Unternehmens. Unter diesen Bedingungen kann Vertrauen nur schwer aufgebaut werden. Oft findet Wissensaustausch nur unzureichend statt. Der durch die potenzielle Piraterie-Bedrohung verursachte immaterielle Schaden für die deutsch-chinesische Zusammenarbeit ist nicht zu unterschätzen.
Wirtschaftlicher Aufholprozess
Warum ist Produktpiraterie gerade in China derart verbreitet? Handelt es sich um ein chinaspezifisches Phänomen? Aus ökonomischer Sicht spricht der Vergleich mit Aufholprozessen anderer wirtschaftlich wenig entwickelter Länder dagegen. Denn ungeachtet räumlicher und zeitlicher Besonderheiten verläuft der wirtschaftliche Entwicklungspfad in etwa gleich. Zu Beginn erfolgen Lernprozesse von bereits entwickelten Ökonomien. Techniken, Geschäftsmodelle oder Marken, die sich dort bewährt haben, werden übernommen, um in einem späteren Stadium mit eigenen Innovationen aufzuwarten. Japanische und südkoreanische Kopien aus den 1960er, 1970er und 1980er Jahren sind noch im kollektiven Gedächtnis. Doch auch bereits entwickelte Länder haben früher in großem Stil kopiert. So bauten deutsche Maschinenbauer Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts amerikanische Maschinen nach, die oft unter dem Namen des Originalherstellers vertrieben wurden.
Trotz dieses allgemein gültigen Entwicklungspfades von Imitation zu Innovation bestimmt der zeitliche und räumliche Kontext Produktpiraterie entscheidend mit. Das erhebliche Ausmaß und die vielschichtigen Ausprägungen der Piraterie in China sind durchaus einzigartig. Globalisierung und Liberalisierung des Welthandels fielen mit der chinesischen Reform- und Öffnungspolitik ab 1978 zusammen, was das Lernen von zahlreichen ausländischen Investoren einerseits und den weltweiten Absatz von Piraterieprodukten andererseits begünstigt hat. Immer längere Wertschöpfungsketten, eine höhere Arbeitsteilung und geringere Fertigungstiefen bewirken, dass heutzutage in den seltensten Fällen das gesamte Produkt von einer Person hergestellt wird. Ganze Dörfer haben sich in China auf eine Produktkategorie spezialisiert. Ein Betrieb kopiert das Design, ein anderer die Verpackung ein nächster etwas anderes, so dass kaum ein Einzelner als "Pirat" identifiziert werden kann. Zudem bietet der chinesische Markt sowohl günstige Arbeitskräfte als auch gute Absatzmöglichkeiten in verschiedenen Landesteilen und Marktsegmenten.
Die Phasen von Imitation und Innovation überlappen naturgemäß. Auch in Deutschland – dem "Land der Ideen" – klagt der Maschinenbau über einheimische Piraten. Doch im Transformationsland China geschieht die Entwicklung im Zeitraffer und bewirkt eine Gleichzeitigkeit der Ungleichzeitigkeiten. Mitten im Prozess der Industrialisierung setzt bereits die Wissensökonomie ein: Während Produkt- und Markenpiraterie weiterhin floriert, entstehen zunehmend Innovationen, die vor allem an der überaus rasch wachsenden Anzahl erteilter Patente an chinesische Unternehmen erkennbar sind. Doch was jenseits dieser messbaren Extreme auf der lokalen, informellen Mikroebene geschieht, wird weniger wahrgenommen. Dort nimmt Piraterie oft nicht mehr die Form von billigen, möglichst originalgetreuen Nachahmungen an. Geleitet von den lokalen Bedürfnissen einer bestimmten Region werden nachgeahmte Produkte angepasst, kombiniert, erweitert. Der Begriff shanzhai, der im Gegensatz zu Kopie oder Fälschung häufig mit Innovation und Kreativität konnotiert ist, ist in China in aller Munde.
Deutsche Unternehmer in China reagieren, indem sie der Konkurrenz kontinuierlich technische Neuerungen entgegensetzen. Einmal kopiert zu werden, bedeute noch längst nicht den Rückzug aus China. Eine reale Bedrohung sei dagegen weniger die günstigere Herstellung der Produkte von Piraten, sondern das günstigere Produzieren derselben Qualität. Das Credo, nachdem China sich mit Piraterie selbst im Weg stehe und damit technologisch nicht zum Westen aufschließen könne, wird von deutschen Managern in China nicht bestätigt. Im Gegenteil: Zusammen mit ihren chinesischen Kollegen prüfen sie lieber genau, was auf dem Markt passiert, während Kollegen im deutschen Mutterhaus "das Rad zweimal erfinden". Chinesische Mitarbeiter stehen in engem Kontakt mit Partnern und auch Wettbewerbern. Auf diesem Weg bekommen sie "überlebenswichtige" Informationen und gehen grundsätzlich davon aus, dass der Wettbewerber ähnlich gut über das eigene Unternehmen informiert ist. Informationen wie beispielsweise über zukünftige Entwicklungen des Kunden werden aktiv auch von deutschen Managern in China genutzt. Nur so können Unternehmen ihre Strategie umsetzen und "dem Wettbewerber immer ein Stück voraus sein".
Recht(sbewusstsein)
In den ersten zwei Jahrzehnten der Reform-Ära waren die Gesetze zum Schutz geistigen Eigentums vor allem dem Bedarf an ausländischer Technologie geschuldet. Graduelle Anpassungen an internationale Standards oder die Umsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen erfolgten auf internationalen Druck. Im Zuge des Beitritts Chinas zur Welthandelsorganisation im Jahre 2001 sind grundsätzlich den internationalen Standards entsprechende Gesetze und Regelungen zum geistigen Eigentum in Kraft getreten. In diesen ist der Aufruf der Regierung zur Implementierung einer aktiven chinesischen Wirtschaftspolitik erkennbar, bei der die Regelungsinhalte nun verstärkt an den Bedürfnissen lokaler Unternehmen ausgerichtet sind. So reagierte zum Beispiel die Revision des Patentgesetzes im Jahre 2008 auf die verstärkte Patentanmeldung chinesischer Unternehmen im zurückliegenden Jahrzehnt.
Aber diese bewusste Nutzung des Rechts seitens chinesischer Unternehmen wird als pragmatisch empfunden, gehe sie doch nicht mit einem entsprechenden Rechtsbewusstsein einher. Als ein chinesischer Lieferant stolz seine nachgebaute Maschine einem deutschen Maschinenbauer präsentierte, empfand dieser sein Vorgehen als "dreist" und "skrupellos". Eine wie in diesem Fall geringe – als Respektlosigkeit empfundene – Relevanz von geistigem Eigentum wird häufig auf die noch junge Geschichte dieses Konzepts in China zurückgeführt. Tatsächlich werden in Frage kommende Gesetze im alten China nicht als Vorläufer der heutigen geistigen Eigentumsgesetze eingestuft, dienten sie doch der Wahrung von staatlichen anstelle von individuellen Interessen. Andererseits lassen sich durchaus auch im alten China Indizien für das Bestreben finden, wertvolles Wissen für sich persönlich zu behalten. Für den Herstellungsprozess von Medizin wurden beispielsweise nur Familienmitglieder oder Eunuchen angestellt, um das Geheimnis der Rezeptur zu wahren.
Fest steht in jedem Fall, dass das Konzept des geistigen Eigentums heutzutage durchaus von vielen Chinesen verinnerlicht wird. Proteste im Internet beim Verkauf eines gefälschten Kunstwerks sind nur ein Beispiel von vielen.
Genauso personenbezogen sind die Vorkehrungen gegen Produkt- und Markenpiraterie zu treffen. Während sich die meisten deutschen Unternehmen nicht zuletzt angesichts zunehmender Rechteanmeldung der chinesischen Konkurrenz für eine möglichst schnelle Anmeldung entscheiden, ist mehr Abwägung im Umgang mit Partnern und Mitarbeitern gefragt. Mit manchen Mitarbeitern werden keine Geheimhaltungsvereinbarungen und Wettbewerbsverbote unterzeichnet, um "keine schlafenden Hunde wecken". Dennoch gibt es in jedem Unternehmen Mitarbeiter, denen sehr wohl bewusst ist und auch sein muss, mit welchen wertvollen Zeichnungen sie jeden Tag arbeiten, und denen häufig allein aus Gründen des Ablaufs die Verantwortung übertragen werden muss, diese nicht nach außen dringen zu lassen. Das Bewusstsein dieser Mitarbeiter nicht nur für geistiges Eigentum, sondern auch für die Konsequenzen einer Weitergabe desselben und damit verbunden möglichen Folgen für den eigenen Arbeitsplatz kann wiederum entscheidend für die Bekämpfung von Piraterie sein.
Vielschichtige Interessenlage
Bei Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel gibt der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao regelmäßig Versprechungen zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte ab. Dabei handelt es sich mittlerweile um mehr als nur Lippenbekenntnisse. Dass der chinesischen Regierung heute verstärkt an der Durchsetzung der Gesetze gelegen ist, zeigen zum Beispiel die jährlichen Aktionspläne und Kampagnen. Diese Bemühungen sind insbesondere seit 2006 im Zusammenhang mit den "eigenständigen Innovationen" zu sehen, die – als Kehrseite der Piraterie – die noch bestehende technologische Abhängigkeit vom Ausland mildern sollen. Dazu ist eine regionale Aufwertung der Industrie vorgesehen. In Guangzhou entsteht beispielsweise eine "Knowledge City", die Know-how und Technologien statt die bislang in der Region vorherrschende arbeitsintensive Fertigung anziehen soll.
Doch die Pirateriebekämpfung ist in der Regel von nachrangigem Interesse der lokalen Regierungen. Mit ihren weitreichenden wirtschaftlichen Entscheidungskompetenzen und Anreizen, die quantitatives anstelle von nachhaltigem Wachstum belohnen, fördern lokale Beamte diejenigen Unternehmen, die am meisten zu den Gewinnen der Region beitragen – und sei es durch Herstellung oder Absatz von Piraterieprodukten. Oft sind Regierungsbeamte selbst bei den Unternehmen beteiligt. Dagegen sind die für die administrative Rechtsdurchsetzung zuständigen lokalen Industrie- und Handelsverwaltungen mit relativ wenig Macht ausgestattet und mit Koordinationsproblemen behaftet. Auch auf die Gerichte nehmen die Lokalregierungen Einfluss. Allerdings ist die gerichtliche Durchsetzung in den vergegangenen Jahren vielerorts transparenter geworden, und die Qualifikation von Richtern hat sich zumindest in den Großstädten verbessert. Nichtsdestotrotz stellt der Lokalprotektionismus in China das größte strukturelle Problem im Kampf gegen Piraterie dar.
Vielschichtig sind auch die Interessen der chinesischen Verbraucher. Die wenig verlässliche Qualität ist Hauptkritikpunkt an Piraterieprodukten. Vermehrt werden von der wachsenden chinesischen Mittelschicht Originale erworben.
Tritt ein Piraterie-Fall auf, wirkt sich die problematische lokale Rechtsdurchsetzung nicht mehr zwangsläufig diskriminierend auf ausländische Unternehmen aus. Diese klagen inzwischen auch erfolgreich bei den lokalen Gerichten, denn diese machen heute meist weniger Unterschiede zwischen chinesischen und ausländischen Unternehmen als zwischen dem Beitrag der Unternehmen zur Region.
Kulturspezifische Neigung?
Kulturspezifische Erklärungsmuster für Piraterie in China setzen häufig bei der chinesischen Philosophie an. In Medien
Die schlichte Übertragung auf Produkt- und Markenpiraterie im Kontext der Wirtschaftsreformen bleibt jedoch fragwürdig. Zwar kann Piraterie auch das kreative und nicht blinde Nachahmen von Produkten bedeuten, und die Grenzen zwischen Imitation und Innovation sind fließend. Doch stehen bei jeglichen Ausprägungen nicht Kreativität und Respekt für den Originalhersteller, sondern eindeutig Profitinteressen im Vordergrund. Stellt man die Abschnitte des "Lunyu" in einen Zusammenhang, wird trotz vager und mitunter widersprüchlicher Textstellen schnell klar, dass Lernen von Anderen der Weiterentwicklung des Individuums dienen soll und damit auch Fortschritt impliziert. Viele Abschnitte sprechen außerdem gegen profitorientiertes Handeln. Gewinne sind mit Pflichten gegenüber den Mitmenschen verbunden und rasche eigene Erfolge auf Kosten Anderer verpönt. Insgesamt zieht sich eine Grundhaltung von Menschlichkeit, Aufrichtigkeit, Tugendhaftigkeit und Gerechtigkeit durch das Werk, die wenig mit dem Eigeninteresse der Produktpiraten gemein haben dürfte.
In China wird dieser philosophische Erklärungsansatz ebenfalls nicht anerkannt. Der Verweis auf Konfuzius wird als absurd empfunden. Stattdessen wird der Diskurs unter dem Vorzeichen der Entwicklung Chinas geführt. Konsens ist die Notwendigkeit der Bekämpfung von Raubkopien und die Förderung von Innovationen. Doch über den Weg zur Innovation gehen die Vorstellungen auseinander, teils sollen Unternehmen von Anfang an innovativ sein, teils wird Kopieren auf dem Weg zu Innovation für ein Unternehmen in der Anfangsphase als notwendig erachtet, solange in der Folge eine eigene Marke etabliert, Produkte weiterentwickelt und letztlich dem Ziel der Innovation Genüge getan wird. Im wirtschaftlichen Kontext ist ein Lernen von Anderen eher dem historisch verankerten unbedingten Willen zur Entwicklung geschuldet denn philosophisch begründet.
Dennoch hält sich das "Konfuzius-Argument" – auch bei deutschen Managern in China – hartnäckig und wird auf der Suche nach Erklärungen ständig reproduziert. Dadurch erhält es trotz seiner Fadenscheinigkeit Relevanz für die deutsch-chinesische Zusammenarbeit, indem es den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zu chinesischen Mitarbeitern und Partnern erschweren kann. Ein gewisses – aber nicht naives – Maß an Vertrauen bereits am Anfang ist trotz aller Vorsicht unabdingbare Voraussetzung für eine tragfähige Kooperation. Auch chinesische Mitarbeiter untereinander müssen dieses erst aufbauen und im Laufe der Zusammenarbeit ständig erneuern. Vertrauen ist nicht nur für den Schutz von Wissen, sondern ebenfalls für die Weitergabe unabdingbar. Und Wissensaustausch wird immer wichtiger für den Unternehmenserfolg. Etliche Barrieren existieren gerade zwischen den chinesischen Mitarbeitern, und die Verantwortung, diese Barrieren zu eliminieren, wird beim Management verortet. Für den offenen Umgang miteinander ist die Verinnerlichung des gemeinsamen Motivs der (persönlichen) Weiterentwicklung seitens der deutschen Manager umso wichtiger. Weniger Gewicht sollte dem an sich trennenden kulturellen Hintergrund gegeben werden und mehr dem letztlich gemeinsamen und damit potenziell verbindenden Ziel der Innovation.
Unkopierbarer Wettbewerbsvorteil
Die Piraterie-Situation in China ist im Einklang mit dem allgemeingültigen wirtschaftlichen Aufholprozess im Wandel begriffen. So sind immer mehr chinesische Unternehmen innovativ, melden Schutzrechte an und sind von Verletzungen selbiger betroffen. Doch Piraterie wird auch in Zukunft insbesondere in China in einem beträchtlichen Ausmaß gleichzeitig mit Innovationen und in allen denkbaren Zwischenformen existieren. Währenddessen wird der Wettbewerb vor Ort immer stärker. Für deutsche Unternehmen geht es daher neben dem Schutz des aktuellen geistigen Eigentums zunehmend um den ständigen aktiven Ausbau eines "unkopierbaren Wettbewerbsvorteils". Das ist nur durch die Schaffung von Neuem zu erreichen, also mit Produkten, die innovativ immer wieder dem Markt angepasst werden. Partner und Mitarbeiter sind mit diesem spezifischen Wettbewerbsvorteil untrennbar verbunden. Sie ermöglichen die nötige Marktnähe und beschaffen das Marktwissen. Auch potenzielle Piraten können so leichter beobachtet, die Reaktion kann abgewogen und gegebenenfalls kann zusammen mit den Behörden eingegriffen werden. Ein Vertrauensvorschuss ist für eine entsprechende Einbindung unerlässlich. Selbst bei einem Missbrauch dieses Vertrauens werden bei langjähriger Kooperation nur vorsichtig Konsequenzen gezogen. So will Volkswagen mit einem Joint Venture Partner wegen eigenmächtiger Kopiertätigkeiten zunächst ein Gespräch führen. Aber auch bei weniger langfristiger Zusammenarbeit kann es sich lohnen, auf Kooperation zu setzen. Eine klassische Lieferantenbeziehung kann auch unter dem Vorzeichen der gemeinsamen Entwicklung stehen. Der eigene Anspruch, auch den Lieferanten in seinem Fortkommen zu unterstützen, bietet auch Mittelständlern die grundsätzliche Chance auf eine reibungslose Kooperation zu beidseitigem Nutzen.
Allen voran sind es jedoch die chinesischen Mitarbeiter, die den Wettbewerbsvorteil auf dem chinesischen Markt immer wieder ausbauen können. Zahlreiche Umfragen spiegeln wider, dass das Finden von qualifiziertem Personal mittlerweile als größte Herausforderung im China-Geschäft angesehen wird. Die Piraterie-Problematik wandelt sich also zu einer Personal-Problematik – nach dem Produkt selbst rückt nun der Mensch in den Vordergrund. Dieser darf nicht von vornherein als Produktpirat gebrandmarkt werden. Vielmehr sollte er als kostbarer Träger impliziten (lokalen) Wissens gesehen werden, der von selbigem selbstverständlich angemessen profitieren möchte.