Auch wenn die anni horribiles des Journalismus, die Zeit als Einsparrunden, Entlassungen und Einstellungen ganzer Zeitungen an der Tagesordnung waren, ausgestanden zu sein scheinen und sich in manchen Verlagshäusern vorsichtiger Optimismus und teils sogar wieder Euphorie breitmachen: Nur ein Teil der Probleme, vor denen der Journalismus steht, ist zyklischer Natur, Ausfluss der Wirtschaftskrise. Der andere Teil ist strukturell und hat mit umfassenden technologischen, wie auch soziokulturellen Veränderungen zu tun. Selbst wenn hierzulande einige Zeitungen, ihre Onlineausgaben eingerechnet, mehr Leserinnen und Leser denn je erreichen, geht die Zahl derjenigen, die bereit sind für Zeitungsjournalismus in gedruckter oder digitaler Form zu zahlen, tendenziell zurück. Verluste im Einzelverkauf und im Anzeigengeschäft, wie sie deutsche Zeitungshäuser in den vergangenen Jahren verzeichnen mussten, konnten jedenfalls bislang nicht durch zusätzliche Einnahmen im Netz ausgeglichen werden. Mit der "Frankfurter Rundschau“ ist ein ehemaliges Aushängeschild linksliberalen Journalismus in Deutschland deutlich angeschlagen; der Mantelteil entsteht seit dem Sommer 2011 beim zum selben Verlagshaus gehörenden Schwesterblatt "Berliner Zeitung“. Selbst die "Süddeutsche Zeitung“, Leitmedium mit Auflagenrekorden (verkaufte Auflage im ersten Quartal 2012: 430.000 Exemplare) und für ihre Inhalte hochgelobt, ächzt unter der Schuldenlast ihrer Eigentümerin, der Südwestdeutschen Medienholding. Die für die publizistische Versorgung besonders wichtigen Regionalzeitungen wiederum, in ihren Verbreitungsgebieten häufig Monopolisten, sehen sich seit Jahren massiven Sparvorgaben ihrer Verleger ausgesetzt. Der Trend, Redaktionen zusammenzulegen oder auszulagern, ist ungebrochen. Für kosten- und personalintensive Segmente wie den Lokal- und Auslandsjournalismus sowie Arbeitsweisen wie investigativen Journalismus werden die Mittel überall knapper.
Diese Entwicklungen haben nicht nur ökonomisch-betriebswirtschaftliche Bedeutung. Denn Journalismus und Medien sind nicht irgendein Produkt, irgendeine Industrie. Sie sind Kommunikationsmittel und Bindeglied moderner Gesellschaften, stiften Sinn und Orientierung und entscheiden wesentlich darüber, in welchem Ausmaß es uns gelingt, unsere Welt zu begreifen – oder eben nicht. Sie sind, ganz unabhängig davon, wo man sie demokratietheoretisch verortet, Kernbestandteil der kommunikativen Infrastruktur der Demokratie. Heute sind wir mit der paradoxen Situation konfrontiert, einerseits über mehr Informationen, wahrscheinlich auch über größere journalistische Vielfalt denn je zu verfügen (man denke nur an die Vielzahl an Quellen und Echtzeitinformationen aus Ägypten während des "Arabischen Frühlings“), andererseits aber konstatieren zu müssen, dass der Markt allein bestimmte Inhalte nicht mehr oder nicht mehr ausreichend bereitstellen kann. Hinzu kommt die Frage, in welcher Qualität dem Konsumenten Informationen, Hintergrundberichte, Reportagen und Kommentare dargeboten werden.
Förderung durch Stiftungen
Gerade im "Land der ungezügelten Märkte“, den USA, sind in den vergangenen Jahren eine Reihe von Initiativen entstanden, die sich dem drohenden Verlust an Meinungsvielfalt und publizistischer Qualität entgegenstemmen. Vor allem die seit ihrer Gründung 2007 mehrfach mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Rechercheplattform "Pro Publica“ ("Journalism in the Public Interest“) ist zu einem vieldiskutierten Vorbild geworden. "Pro Publica“ erhält alleine zehn Millionen Dollar jährlich über die Stiftung der Gründer des Projekts, Herbert und Marion Sandler, deren Vermögen aus der Golden West Financial Corporation stammt. Dazu kommen Gelder anderer Stiftungen wie der Knight Foundation, aber auch Kleinspenden. Finanziert wird davon eine Redaktion mit aktuell 34 fest angestellten Journalistinnen und Journalisten, die allein im vergangenen Jahr 110 Geschichten zu Themen aus Politik und Wirtschaft recherchierten und dabei diverse Enthüllungen machten. Die Recherchen werden in der Regel kostenlos an verschiedene Medien weitergegeben und auf der eigenen Webseite veröffentlicht. Mit einer Reihe von interaktiven News Applications und Visualisierungen, die komplexe Sachverhalte und unüberschaubare Datensätze für den Leser nachvollziehbar machen, hat "Pro Publica“ auch Standards hinsichtlich neuer journalistischer Darstellungsformen gesetzt.
Auch in Deutschland – den milliardenschweren öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zum Trotz – ist eine zumindest in Expertenkreisen breite Debatte über nicht kommerziellen, philanthropisch finanzierten Journalismus in Gang gekommen. Vollkommen neu sind solche Konstruktionen selbst bei uns nicht: Schon lange steckt hinter einer großen deutschen Tageszeitung, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, ein kluger, aber wenig transparenter Stiftungs-Kopf (Fazit-Stiftung), wird die linksalternative "Tageszeitung“ (taz) stilecht genossenschaftlich getragen, sind auf lokaler Ebene von Vereinen getragene Projekte und Blogs wie "Regensburg Digital“ oder die "Kontext:Wochenzeitung“ entstanden. Bekannt sind diese Modelle kaum – was bedauerlich ist. Denn obwohl weniger als 0,5 Prozent der deutschen Stiftungen ausdrücklich die Förderung des Journalismus in ihren Statuten und Zielbestimmungen verankert haben,
Weitverbreitet ist zudem die Vergabe von Journalistenpreisen. Auszeichnungen auszuloben ist zweifelsohne geübte Stiftungs- und Vereinspraxis, wobei manch gestiftete journalistische Ehrung im Ruf steht, dass die Kosten des öffentlichen Wirbels, der um sie gemacht wird, deutlich höher sind als das Preisgeld. Zudem stellt sich die Frage der Wirksamkeit, denn die Preise sind zum einen kaum je so hoch dotiert, dass sich davon aufwändige Recherchen finanzieren ließen. Zum anderen existiert gerade im Medienbereich eine fast unübersehbare Fülle von Auszeichnungen; die Seite "journalistenpreise.de“ listet derer fast 400 auf. Jeder zehnte davon wird laut Zählung von Active Philanthropy, einer Organisation, die Stifter und Spender berät, von einer Stiftung ausgeschrieben, womit diese Kategorie die mit Abstand häufigste Förderung journalistischer Qualität durch Stiftungen darstellt. Auf den Plätzen folgen Ausbildungsförderung, die 28 Stiftungen im Portfolio haben, die Organisation von Austausch- und Leadership-Programmen (16), Konferenzen, Seminare, Workshops und Tagungen (sieben) sowie medienpädagogische Projekte (vier).
So überrascht kaum, dass Expertinnen und Experten sowie Praktikerinnen und Praktiker sich mit Blick auf philanthropische Unterstützung einen Wechsel der Perspektive vom Thematischen zum Systematischen erhoffen – "Journalismus-Förderung statt Journalisten-Förderung“ lautet eine griffige Formel dafür. Auf der Wunschliste notiert wurde zudem eine Art "Entwicklungshilfe für neue journalistische Formen“, die Unterstützung bei der Exploration neuartiger Refinanzierungsmodelle, etwa durch Spenden.
Unterstützung von günstig bis teuer
Eine günstige Variante der mäzenatischen Förderung von Medien sind Blogs. Spendenfinanziert beleben sie etwa die lokale Berichterstattung, indem sie sich stärker als die Lokalpresse Hintergründigem widmen können. Solche Projekte können als eine Art Scharnier zwischen Zivilgesellschaft und professionellem Journalismus fungieren. Gleichzeitig fördern sie die Medienkompetenz, indem sie die Bürgerinnen und Bürger in die journalistische Produktion einbinden. Investitionen in Lokalmedien können wiederum für potenzielle Förderer attraktiv – weil oft besonders wirkungsvoll – sein. Das Ziel, die Demokratie zu stärken, ist weniger in der Hauptstadt, sondern viel eher auf lokaler Ebene, in den Kommunen als den Keimzellen des demokratischen, engagierten Gemeinwesens zu verwirklichen. Und wie bei nahezu jeder Form von bürgerschaftlichem Engagement lohnt es, das eigene Umfeld in den Blick zu nehmen, weil durch persönliche Nähe nicht zuletzt die Wirkung direkter erlebbar wird. Die von dem langjährigen Sprecher des US-Repräsentantenhauses Tip O’Neill stammende (und eigentlich auf Wahlerfolge gemünzte) politische Weisheit "All politics is local“ gilt auch für Spender, Stifter und Philanthropen. Die können sich darüber hinaus viel einfacher vor der eigenen Haustür selbst einbringen; der Wert von persönlicher Anteilnahme wird in der Philanthropie, wo es vermeintlich immer nur um große Summen geht, leicht unterschätzt.
Unter dem Stichwort "Bürgernähe“ sei auch eine gute, wenn auch zugegebenermaßen aufwändige Strategie vermerkt, wie Printmedien selbst für Nachwuchs in der Leserschaft sorgen können: Redakteure erklären in Schulen, was Journalisten machen, wofür eine freie Presse wichtig ist, und sie bringen ihnen bei, wie eine Zeitung entsteht. Davon wird nicht nur die Schülerzeitung profitieren, sondern für die Redaktionen handelte es sich genauso um eine Art bürgerschaftliches Engagement in eigener Sache. Dabei wird deutlich, dass gemeinwohlorientierte Aktivitäten stets auch in einem wohlverstandenen Eigeninteresse liegen.
Die schon genannte amerikanische "Pro Publica“ ist wie "spot.us“ ein gutes, wenn auch millionenschweres Beispiel, wie sich philanthropisch geförderter Journalismus Themen annimmt, denen von den kommerziellen Medien oft aufgrund des hohen Rechercheaufwands – oder in den USA auch wegen der zu erwartender Prozesskosten – nicht die wünschenswerte Beachtung zuteil wird. Der virtuelle Marktplatz "spot.us“ arbeitet dabei nach dem Prinzip des Crowdfunding, während "Pro Publica“ wie erwähnt von dem Milliardärsehepaar Sandler unterstützt wird. Auch hier dient die nicht aus einem freiheitlichen Gemeinwesen wegzudenkende Funktion von Medien als handlungsleitendes Motiv: "Stifter erkennen langsam, dass Journalismus für freie demokratische Gesellschaften von Bedeutung ist, deshalb ist auch der Etat für den Journalismus gestiegen“, gibt der Chefredakteur von "Pro Publica“, Paul E. Steiger, zu Protokoll.
Der damalige Bundespräsident Horst Köhler hat diesen Gedanken 2005 in einer Grundsatzrede zum Thema Stiftungen hervorgehoben: So sagte er, dass es "kein Zufall (ist), dass es in Diktaturen kein Stiftungswesen gibt. Diktatorische Systeme können sich nicht auf einen Wettstreit um die bessere Idee zum Wohle aller einlassen. Stiftungen sind ein Kennzeichen freier, demokratischer Gesellschaften.“
Hinzu kommt das Selbstverständnis von Stiftern und den von ihnen begründeten Institutionen, die sich selbst oft als Innovationstreiber, als eine Art "Stachel im Fleisch“ der Gesellschaft verstehen – und die, zumindest bei den Resultaten ihrer Arbeit, eben nicht auf Quartalszahlen und Börsenkurse schauen müssen. Insofern können Investitionen in neuartige Formen des Journalismus attraktiv für sie sein, denn die genannten Projekte sind geeignet, Innovationen bekanntzumachen und voranzubringen. Dies gilt umso mehr, als sie neue, oftmals teure Arbeitsweisen wie etwa den Datenjournalismus – die Sammlung, Analyse, verständliche Aufbereitung und Veröffentlichung komplexer Daten – fördern. Ein Beispiel hierfür gibt die amerikanische John S. and James L. Knight-Foundation, die seit 1950 fast eine halbe Milliarde US-Dollar für die Förderung von Qualitätsjournalismus und Meinungsfreiheit ausgeschüttet hat. Sie stellt unter anderem journalistischen Start-ups die nötige Anschubfinanzierung zur Verfügung. Auch durch ihre Zuwendungen sind auf regionaler Ebene, die im Zuge der Medienkrise in den USA vielerorts zu einer Art medialem Notstandsgebiet verkommen ist, onlinebasierte Medienangebote entstanden (wie "Voice of San Diego“, "New Haven Independent“, "MinnPost“ und "St. Louis Beacon“), die über Themen aus der Region berichten. Diese Non-Profit-Projekte verdanken ihre Existenz allesamt gemeinnützigen Finanzierungsmodellen – sei es durch die Förderung durch Stiftungen, sei es durch die Unterstützung zahlungsbereiter Leser.
In der öffentlichen Förderung von Vielfalt und Innovation läge wiederum eines der auch symbolisch wichtigsten Potenziale für die Revitalisierung der deutschen Medienpolitik – etwa durch die Gründung einer "Stiftung Journalismus“ zur Förderung journalistischer Projekte. Schon mit einem minimalen Anteil am öffentlich-rechtlichen Gebührenaufkommen – fünf Promille ergäben ein jährliches Budget von rund 35 Millionen Euro und könnten aus der Umwidmung von Gebührenmitteln für die Landesmedienanstalten erschlossen werden – wäre viel zu erreichen. Ein solches Projekt könnte sich zum Vorreiter und Partner für andere Stiftungen entwickeln, die – anders als in den USA – das Problem des erodierenden Qualitätsjournalismus bislang kaum wahrnehmen.
Gut funktionieren könnte insbesondere im Lokaljournalismus eine Kombination der Schwarmfinanzierung, bei der ein Journalist erst dann beginnt, an einem Beitrag zu arbeiten, wenn genügend Spenden dafür zusammengekommen sind, mit dem in der Philanthropie mittlerweile weitverbreiteten Modell eines Matching-Fund, bei dem ein Mäzen die eingehenden Spenden verdoppelt oder vervielfacht. Ein Vorteil einer solchen Lösung wäre auch, dass die Macht eines einzelnen Spenders, der zumeist über eine erhebliche Lenkungswirkung verfügen dürfte, durch ein breiteres Publikumsinteresse abgemildert wird (Stichwort Compliance
Weitere Möglichkeiten philanthropischer Medienförderung bestehen darin, etablierte, aber möglicherweise kränkelnde Medien durch die Zurverfügungstellung von Kapital von verlegerischen Renditeerwartungen in manchmal prozentual zweistelliger Höhe zu entlasten, oder sogar – zugegebenermaßen das teuerste Modell – auf diesem Wege ganz von wirtschaftlichen Zwängen zu befreien. Der chronisch defizitäre britische "The Guardian“ wird seit Jahren durch eine Stiftung, den Scott Trust, querfinanziert. Sogar die Transformation in eine Non-Profit-Organisation mittels einer Stiftung wäre denkbar, wenn auch extrem kostenintensiv. Allerdings würde eine solche Lösung vermutlich die Einwerbung von Spenden und den Zugriff auf Fördermittel erleichtern, wie für den Spender die Steuervorteile ebenfalls interessant sein dürften.
Grenzen der Philanthropie: Transparenz tut not
In all diesen Fällen gilt, dass solche Modelle kein Allheilmittel gegen Medienkrisen sind. Weder ist der Non-Profit-Sektor finanzstark genug, noch bedeutet Gemeinnützigkeit automatisch besseren Journalismus. Doch als Lieferanten von publizistischen Inhalten und als Innovationstreiber bergen teilweise oder ganz philanthropisch finanzierte Medien – ob durch eine Stiftung, durch Einzelspenden, Crowdsourcing oder Matching-Fund-Modelle – beträchtliches Potenzial. Allerdings bleibt eine Reihe offener Fragen: grundsätzlich etwa jene nach der Übertragbarkeit von zivilgesellschaftlichen Ideen und Modellen von den kulturell in dieser Hinsicht so anders als Deutschland verfassten USA, aber auch hinsichtlich der Compliance und ganz konkrete vor allem hinsichtlich der juristischen Konstruktion.
An der Compliance, den Strukturen und Entscheidungsprozessen journalistisch aktiver Stiftungen entscheidet sich die Glaubwürdigkeit – und damit letztlich die Tragfähigkeit – entsprechender Modelle. Zunächst einmal bedarf es vollkommener Transparenz. Die ist leider generell nicht selbstverständlich im Stiftungssektor, weshalb der Ruf nach verbindlichen Regeln für mehr Transparenz und eine gesetzliche Publizitätspflicht in der Zivilgesellschaft immer lauter wird.
Daraus folgt ein weiteres Argument für mäzenatische Unterstützung von Journalismus, denn hier besteht für den Geldgeber die Chance, exemplarisch die "reine Lehre“ vorzumachen. Ein philanthropischer Medieninvestor könnte Dank der hohen Sichtbarkeit, die er durch sein Engagement hätte, mit seinem Vorgehen selbst für ganz andere Bereiche des Mäzenatentums beispielhaft wirken. Zweifelsohne würden die Beweggründe seines Handelns stärker als bei den meisten anderen Engagements hinterfragt – Einflussnahme, Propaganda, Reinwaschung? –, weshalb der Mäzen sich jeden Einfluss auf die redaktionelle Arbeit versagen müsste. Genaugenommen dürfen im Falle von Medien außer dem guten Gefühl einer sinnstiftenden Investition und der daraus erwachsenden Anerkennung keinerlei Interessen mit der Gabe verbunden werden. In der Kategorie Unabhängigkeit kann selbst die vielgelobte "Pro Publica“ noch zulegen, denn die Spender, Herbert und Marion Sandler, haben bislang zur Auflage gemacht, dass sie nicht Gegenstand von Recherchen der Plattform werden dürfen.
Es bleibt – wie bei allen mäzenatischen Aktivitäten – das Problem, dass mit den steuerlich begünstigten Zuwendungen letztlich einige wenige, sehr reiche Einzelpersönlichkeiten erheblichen Einfluss ausüben können. Allerdings dürfte die Lenkungswirkung, die philanthropische Gaben etwa in der Bildungspolitik oder in der Kultur mit teilweise für die Allgemeinheit kostenintensiven Folgen entfalten, deutlich größer sein, als dies bei Investitionen in den Erhalt einer freien Presse der Fall ist – sofern diese den oben genannten Grundsätzen für gute Gaben, vor allem hinsichtlich der Transparenz, Genüge tun.
Kooperationen als Königsweg
Grundlegend bleibt festzuhalten, dass Kooperationen mehrerer Geber in der Journalismus- und Medienförderung auch positive Effekte auf die Einhaltung von journalistischen Standards bei dem betreffenden Medium haben dürften, da sich die Partner gegenseitig kontrollieren. Die gemeinsame Aufsicht sollte ein Höchstmaß an medienethischer Prinzipientreue garantieren und eine nicht damit in Einklang stehende Praxis zugunsten eines der Träger unterbinden – sei es hinsichtlich einer Aufweichung der strikten Trennung von verlegerischen Interessen und redaktioneller Arbeit, sei es mit Blick auf einseitige oder geschönte Berichterstattung oder andere denkbare Interessenkonflikte. Darüber hinaus spricht das Volumen zumindest umfangreicherer Vorhaben für Kooperationsmodelle, wobei damit nicht allein der finanzielle Hebel größer wird, sondern genauso immaterielle Ressourcen potenziert werden, wie beispielsweise das Netzwerk, das Geber einbringen. Nicht zuletzt stellt ein solches Vorgehen eine moderne Form der Stiftungsstrategie dar.
Die Ressourcen bedürfen allerdings einer nüchternen Betrachtung. Denn obwohl der Sektor boomt, kann kaum eine deutsche Stiftung über wirklich große Mittel verfügen – bei über 70 Prozent von ihnen beträgt der Kapitalstock unter einer Million Euro, die ausschüttbaren Erträge sind entsprechend gering. Generell wird ihre finanzielle Potenz oft überschätzt. Auf gerade einmal 0,3 Prozent bezifferte im Jahr 2002 die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zur "Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ den Anteil von Stiftungen an der Finanzierung des Dritten Sektors; ihr Beitrag "zur Gesamtfinanzierung des Gemeinwohls liegt im nicht mehr messbaren Bereich“. Die wahre Bedeutung sei "in ihrem qualitativen Gemeinwohlbeitrag“ zu sehen.
Dieser Befund lässt sich gleichermaßen auf den Bereich der Medienförderung übertragen. Selbst in den USA, wo Stiftungen schon lange auf diesem Feld tätig sind und wo generell mehr philanthropisches Kapital vorhanden ist, lassen die spärlichen Zahlen und Daten nicht darauf schließen, dass Unsummen zugunsten der "Vierten Gewalt“ mobilisiert werden. Active Philanthropy schätzt den Gesamtbetrag der Spenden zur Förderung des Journalismus dort auf etwas über eine Milliarde Dollar. Die Zuwendungen für Medienprojekte machen jedenfalls nur einen geringen Prozentsatz der Ausschüttungen von Stiftungen aus: "Geht man davon aus, dass sich Fördermittel für journalistische Kommunikation (abzüglich des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und Hörfunks) jährlich auf etwa 100 Millionen Dollar belaufen, handelt es sich lediglich um 0,2% des Gesamtspendenvolumens von 44 Milliarden Dollar.“
Resümee
Gemessen an den Bilanzen der kommerziellen Medienbranche sind diese Summen ein Tropfen auf den heißen Stein, auch lösen sie die Probleme des Journalismus – diesseits wie jenseits des Atlantiks – nicht. Doch reichen sie für die Finanzierung von Pilotprojekten absolut aus. Für Lewis A. Friedland, Journalistikprofessor und Mitverfasser der Studie von Active Philanthropy, münden diese Befunde in der Erkenntnis, dass der privatwirtschaftliche Medienmarkt keinesfalls durch Stiftungen ersetzt werden kann, dass diese aber die Transformation und den Wandel dieses Marktes fördern können.
In Deutschland, wo sich Journalismus traditionell über eine starke öffentlich-rechtliche und eine kommerzielle Säule finanziert, könnten solche Modelle (wie auch Genossenschaftsmodelle oder Beteiligungen von Bürgern als Aktionäre ohne Renditenerwartung) zu einem vitalisierenden Element einer Medienlandschaft werden, die sich ohnehin zusehends ausdifferenziert. Besonders aussichtsreich sind Mischfinanzierungen. So sieht die Untersuchung von Active Philanthropy bei der Finanzierung von Non-Profit-Medienunternehmen die kritische Marke des Anteils von Stiftungsmitteln bei 25 Prozent; diese Betriebe würden "nie ganz ohne stiftungsbasierte Fördermittel auskommen, können aber durchaus erfolgreich sein, wenn sie aus Abonnements und anderen Quellen 60 bis 75% ihrer Betriebskosten decken.“
Damit wären wir bei einem weiteren gewichtigen Einwand gegen das mediale Mäzenatentum: der Gefahr marktwirtschaftlich unerwünschter Nebenwirkungen. Bedenken, dass philanthropisch geförderte Medien zu Marktverzerrungen und Kannibalisierungseffekten führten, lässt sich entgegenhalten, dass es sich meist um Versorgungsnischen und journalistische Formate handeln wird, in die kaum mehr ein Verleger investiert, der ausschließlich unternehmerisch vorgeht. Vor allem werden Stiftungen trotz ihrer Ewigkeitskonstruktion eher in der Unterstützung von explorativen und finanziell risikobehafteten Formen von Journalismus ihre Aufgabe finden und nur in Ausnahmen in der Konservierung des Bestehenden, im langfristigen Erhalt von Medien.
Selbstwirksamkeit ist seit jeher eines der Hauptmotive bürgerschaftlichen Engagements. So war einer der Begründer des modernen Journalismus, Théophraste Renaudot (1586–1653), nicht nur Herausgeber der ersten französischen Zeitung "La Gazette“, sondern er war auch ein bedeutender Mäzen. Doch er, der eigentlich von Beruf Arzt war, wird nicht wegen der von ihm gegründeten Zeitung als Philanthrop gerühmt, sondern ob seines Engagements für die Ärmsten der Gesellschaft. Dennoch erschien seine Gazette ganze 284 Jahre lang – eine Zeitspanne, die hoffen lässt.