Bereits heute ist Erdöl der Energierohstoff, dessen Erschöpfung am weitesten vorangeschritten ist. Von dem bekannten Gesamtpotenzial wurde bereits mehr als ein Drittel produziert. Um Aussagen über den künftigen Förderverlauf von Erdöl treffen zu können, wurde die 'Peak Oil'-Theorie entwickelt. Nach dieser Theorie wird die weltweite Förderung von Erdöl zunächst stetig ansteigen und dann, sobald die Hälfte des Erdöls gefördert wurde, irreversibel zurückgehen. Bisher haben allerdings neue Förderungstechniken und Investitionen im Bereich der Exploration dazu geführt, dass die weltweite Öl-Produktion insgesamt weiter steigen konnte. Zudem führt der Einsatz unterschiedlicher Förderungstechniken (zum Beispiel 'Fracking') zu hohen Schwanken bei der Förderung.
Fakten
Bei der Diskussion über die Endlichkeit von Rohstoffen muss zunächst klargestellt werden, ob über eine absolute oder eine relative Erschöpfung der Vorräte gesprochen wird. Absolute Erschöpfung heißt in diesem Zusammenhang, dass die Rohstoffe bis zur letzten Einheit verbraucht worden sind. Eine relative Erschöpfung liegt hingegen bereits dann vor, wenn die Bedürfnisse, die an die Nutzung der Rohstoffe gebunden sind, nicht mehr auf breiter Basis befriedigt werden können. Diese Unterscheidung gründet auf der Annahme, dass bei der gegenwärtigen Abhängigkeit vom Öl gesellschaftliche Wandlungsprozesse nicht erst dann einsetzen, wenn der letzte Tropfen Öl verbraucht ist (absolute Erschöpfung), sondern bereits dann, wenn die Nachfrage dauerhaft und signifikant über dem Angebot liegt (relative Erschöpfung).
In diesem Zusammenhang entwickelte der Geologe M. King Hubbert die 'Peak Oil'-Theorie. Nach dieser Theorie wird die weltweite Förderung von Erdöl zunächst stetig ansteigen und dann, sobald die Hälfte des Erdöls gefördert wurde, irreversibel zurückgehen. Da bei Peak Oil theoretisch die Hälfte der Erdölmenge verbraucht sein wird, wird dieser Punkt auch 'Depletion Midpoint' genannt. Allgemein wird als Peak Oil das Allzeit-Fördermaximum an Erdöl, also die maximal pro Jahr jemals geförderte Menge an Rohöl verstanden. Ursprünglich für die Vorhersage des Förderverlaufs von Erdöl entwickelt, wird dieses Modell inzwischen von einigen Autoren ebenso für Erdgas (Peak Gas) und sogar für Kohle (Peak Coal) verwendet.
Nach der Peak Oil-Theorie kann der künftige Verlauf der weltweiten Erdölproduktion aus der bisherigen Produktion und der Entdeckungsgeschichte der Ölfelder vorhergesagt werden. Da aber nicht alle Peak Oil-Modelle auf den gleichen Berechnungsgrundlagen und Ausgangsdaten beruhen, ergibt sich ein großes Spektrum an möglichen Produktionsverläufen. In Bezug auf die Förderung von konventionellem Erdöl datieren die hier angeführten Szenarien Peak Oil zwischen dem Jahr 2007 und 2036/2037.
Nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ist Erdöl bereits heute der Energierohstoff, dessen Erschöpfung am weitesten vorangeschritten ist. Von dem bekannten Gesamtpotenzial (bekannte Ressourcen, Reserven plus bisherige Produktion) an konventionellem Erdöl in Höhe von 506 Milliarden Tonnen (BGR, Stand: 2014) wurden bis heute 175 Milliarden Tonnen produziert – also knapp 35 Prozent. Bezogen auf die Reserven und die bisherige Produktion – 170 bzw. 175 Milliarden Tonnen – ist der Depletion Midpoint schon überschritten, da die Hälfte der bekannten, geologisch und technisch nutzbaren Vorräte bereits verbraucht wurde.
Allerdings weist die BGR darauf hin, dass gerade das 'Gesamtpotenzial' ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor bei der Prognose künftiger Förderentwicklungen ist. Durch den technischen Fortschritt und in Ermangelung von kostengünstigeren Alternativen konnten in der Vergangenheit immer mehr Lagerstätten als wirtschaftlich eingestuft werden und damit zur Erhöhung der Reserven beitragen. Weiter kann eine durch Verknappung ausgelöste Erhöhung der Energierohstoffpreise zu einer Reduzierung des Verbrauchs, aber auch zu steigenden Investitionen im Bereich der Exploration und Erschließung von Lagerstätten führen. Die Investitionen können sich wiederum auf das Gesamtpotenzial und die Förderentwicklung auswirken.
Ein aktuelles Beispiel, wie die Erhöhung der Energierohstoffpreise zur Erschließung von Lagerstätten führen kann, findet sich in den USA: Insbesondere durch das sogenannte Fracking haben die USA ihre Produktion zwischen 2008 und 2014 von 6,8 auf 11,6 Millionen Barrel pro Tag erhöhen können (plus 71,6 Prozent). Damit lag die Produktion sogar höher als der Peak von 1970 (11,3 Mio. Barrel). Durch das Fracking lagen die USA bei der Öl-Produktion im Jahr 2014 sowohl vor Saudi-Arabien (11,5 Mio. Barrel) als auch vor Russland (10,8 Mio. Barrel) und waren damit der weltweit größte Ölproduzent. Die Erhöhung der Energierohstoffpreise bzw. der sich hieraus ableitende Einsatz anderer Förderungstechniken wirkt sich auch auf die Höhe der Öl-Reserven aus: Während sich die Öl-Reserven der USA zwischen 1980 und 2008 noch von 36,5 auf 28,4 Milliarden Barrel reduzierten (minus 22,3 Prozent), erhöhten sie sich bis 2014 auf 48,5 Milliarden Barrel (plus 70,7 Prozent).
Die BGR geht davon aus, dass der Energieverbrauch der Welt steigen und auch in absehbarer Zukunft primär durch fossile Energieträger gedeckt wird. Damit bleibt auch die Abhängigkeit von fossilen Energierohstoffen vorerst bestehen. Nach Angaben der BGR können die bekannten Energierohstoffvorräte aus geologischer Sicht auch langfristig eine entspannte Versorgungssituation bei Erdgas, Kohle und Kernbrennstoffen gewährleisten. Erdöl ist der einzige Energierohstoff bei dem sich eine Limitierung abzeichnet: Zwar kann in den nächsten Jahren auch hier aus geologischer Sicht ein moderater Anstieg des Erdölverbrauchs gedeckt werden, für die kommenden Jahrzehnte gilt dies jedoch laut BGR wahrscheinlich nicht. Angesichts der langen Zeiträume, die für eine Umstellung auf dem Energiesektor erforderlich sind, ist für die BGR die rechtzeitige Entwicklung alternativer Energiesysteme notwendig.
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Allgemein wird als Peak Oil das Allzeit-Fördermaximum an Erdöl, also die maximal pro Jahr jemals geförderte Menge an Rohöl verstanden.
Zu den Ölreserven zählen die nachgewiesenen Vorkommen, die unter den derzeitigen wirtschaftlichen und technischen Bedingungen künftig gefördert werden können.
Von den Reserven sind grundsätzlich die Ressourcen zu unterscheiden. Ressourcen sind zum einen die nachgewiesenen, aber derzeit technisch und/oder wirtschaftlich nicht gewinnbaren Mengen an Energierohstoffen, zum anderen die nicht nachgewiesenen, aber geologisch möglichen, künftig gewinnbaren Mengen an Energierohstoffen.
Erdöl ist ein natürlich vorkommendes Gemisch aus flüssigen Kohlenwasserstoffen. Die bei der Erdgasförderung anfallenden flüssigen Kohlenwasserstoffe wie Natural Gas Liquids (NGL) und Kondensate werden der Erdölförderung zugerechnet. Konventionelles Erdöl ist vergleichsweise flüssig und kann mit relativ einfachen Methoden (Eigendruck, Hochpumpen, Fluten mit Wasser oder Einpressen von Wasser bzw. Gasen) gefördert werden. Nicht-konventionelles Erdöl (darunter Schwerstöl, Ölsand, Erdöl aus dichten Gesteinen, Ölschiefer) kann nicht mit "klassischen" Methoden gefördert werden und ist oft nur bedingt oder nicht fließfähig.
Die dargestellte Projektion der BGR für konventionelles Erdöl schließt neben Feldzuwächsen auch Gaskondensat (NGL – Natural Gas Liquids) sowie Erdöl aus der Arktis und der Tiefsee mit ein. Sie setzt voraus, dass die technologischen Entwicklungen so voranschreiten, dass die immer schwierigeren Aufgaben bei der Erschließung und Produktion von Erdöl gelöst werden können und dass die Vorräte, inklusive der nicht-konventionellen Vorkommen, optimal genutzt werden. Ebenso müssen die Voraussetzungen für die rechtzeitige Tätigung notwendiger Investitionen in Forschung, Entwicklung, Erschließung, Produktion und Infrastruktur gegeben sein. Die BGR selbst stuft ihre Projektion als optimistisch ein. Alle Abweichungen bei den gemachten Annahmen können ein Unterschreiten der Projektion bewirken.
Hydraulic Fracturing (deutsch: hydraulische Risserzeugung), kurz auch Fracking genannt, ist eine seit Jahrzehnten bekannte, aber erst seit wenigen Jahren in großem Umfang angewandte Technik zur Erschließung unterirdischer Lagerstätten. Sie wird angewendet, um die Durchlässigkeit von Gesteinen zu steigern und dadurch die Förderung von Erdgas, Erdöl und geothermischer Energie zu verbessern oder in manchen Fällen überhaupt erst zu ermöglichen. Dazu wird das Gestein durch Einpressen einer Flüssigkeit unter hohem Druck aufgebrochen. Die durch Fracking technisch förderbaren nicht-konventionellen Öl- und Gasressourcen sind regional anders verteilt als konventionelle Öl- und Gasressourcen.
1 Gigatonne (Gt) = 1.000.000.000 t