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Mehr als 50 Jahre rechtsextrem

Toralf Staud

/ 15 Minuten zu lesen

Die NPD ist gegenwärtig in einer Krise, doch das ist kein Grund zur Entwarnung. Seit ihrer Gründung 1964 hat die älteste rechtsextreme Partei Deutschlands bereits mehrere Phasen von Aufstieg und Niedergang erlebt.

Mitglieder der Jungen Nationaldemokraten (JN) während ihres Bundeskongresses 1977 in Osnabrück. (© picture alliance / Klaus Rose )

Der Döhrener Maschpark in Hannover platzte am 28. November 1964 aus allen Nähten. Mehr als 700 Menschen saßen dicht an dicht im großen Festsaal der Ausflugsgaststätte. Die Wände waren mit den Wappen der deutschen Länder geschmückt – aller Länder, auch derer jenseits von Zonengrenze und Oder-Neiße-Linie. Ein Kölner Geschichtsprofessor hielt den Eröffnungsvortrag ("Soll Deutschland immer Amboss sein?"). Danach verlas ein ehemaliger SA-Truppführer das Gründungsmanifest. Schließlich fragte der künftige Vorsitzende Friedrich Thielen in den Saal, wer für die Gründung der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands sei. Etwa zwei Drittel der Leute erhoben sich von den Stühlen. "Es lebe unser geschlagenes und gedemütigtes deutsches Volk!", beendete Thielen sein Schlusswort mit bebender Stimme: "Es lebe Deutschland!"

So begann vor mehr als einem halben Jahrhundert die Geschichte der NPD, der ältesten rechtsextremen Partei Deutschlands. Heute, mehr als fünf Jahrzehnte später, ist sie in einer Krise – sie hat nur noch wenige tausend Mitglieder, 2014 waren es laut Verfassungsschutz 5.200, die Finanzen sind desolat, und vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe läuft ein Verbotsverfahren. Doch betrachtet man die Gesamtgeschichte der NPD, dann wird klar: Die Partei stand schon deutlich schlechter da als heute, sie hat schon längere Schwächephasen überlebt. Die NPD abzuschreiben, wäre deshalb verfrüht.

Die 1960er Jahre: Die erste Erfolgswelle

Die extreme Rechte bot Anfang der 1960er Jahre ein jämmerliches Bild. Seit Gründung der Bundesrepublik im Jahr 1949 war sie in immer kleinere Gruppen zerfallen: Die Erfolge der Sozialistischen Reichspartei (SRP) bei einzelnen Landtagswahlen endeten 1952 mit deren Verbot. Später entwickelte sich die Deutsche Reichspartei (DRP) zur wichtigsten rechtsextremen Organisation. Doch angesichts der Stabilität der jungen, bundesrepublikanischen Demokratie und des Wirtschaftswunders konnte auch sie immer weniger Mitglieder und Wähler überzeugen.

Unter Führung der DRP einigten sich die Vertreter mehrerer Rechtsparteien nach zähen Verhandlungen schließlich auf die Gründung eines Sammelbeckens, das den Namen "Nationaldemokratische Partei" tragen sollte. Die erfahrenen Kader der DRP (von denen etliche eine NSDAP-Vergangenheit hatten) sicherten sich dabei fast alle Schlüsselpositionen, während konservative Aushängeschilder auf die repräsentativen Posten geschoben wurden. Bestes Beispiel dieser Strategie war der erste Vorsitzende Friedrich Thielen. Als saturierter Bremer Bürger, Fabrikbesitzer und Ex-CDU-Mitglied, sollte er der Partei ein seriöses und unbelastetes Gesicht geben.

In die Bundestagswahl 1965 zog die Partei mit dem Slogan "Man kann wieder wählen – Man wählt NPD". Geschickt präsentierte die NPD sich als neue Kraft. Eine große Werbekampagne überzog die Bundesrepublik, die Parteizeitung wurde in Millionen-Auflage verteilt, es gab Sonderausgaben für Heimatvertriebene, Landwirte und Bundeswehrsoldaten. Bald konnte die Partei prominente Zugänge verkünden, etwa den Raumfahrtpionier Hermann Oberth oder den jungen Ruder-Olympiasieger Frank Schepke. Zwei Prozent stimmten schließlich für die NPD. Das war zwar weit weniger, als die Führung erwartet hatte, aber mehr als doppelt so viel, wie die Vorgängerin DRP 1961 geholt hatte. Vor allem aber war es gelungen, Wählerschichten zu erschließen, die bisher nicht für Rechtsaußen-Parteien gestimmt hatten: "Sie war vor allem in ländlichen Gebieten mit kleinbäuerlicher Struktur, oft im Zonenrandgebiet, erfolgreich, ferner in Klein- und Mittelstädten mit überwiegend konservativ eingestellter Bevölkerung".

Bei den bayerischen Kommunalwahlen im Frühjahr 1966 errang die NPD erste Mandate, im November dann zog sie mit acht bzw. fünfzehn Abgeordneten in die Landtage in Wiesbaden und München ein. Fast flächendeckend hatte sie bis zu diesem Zeitpunkt Kreisverbände aufbauen können. Der rasante Aufstieg wäre sicher nicht gelungen, hätte nicht nach langem wirtschaftlichem Boom in den Jahren 1966/67 die erste gravierende Wirtschaftskrise der Bundesrepublik eingesetzt. Die NPD machte sich Abstiegsängste der Mittelschicht zunutze, sie erhielt Zulauf auch von Arbeitern, die unter der Krise litten und bisher SPD gewählt hatten. Außerdem profitierte sie vom öffentlichen Streit innerhalb der Koalition aus Union und FDP sowie deren sichtlichem Zerfall. Als die FDP schließlich das Bündnis verließ und CDU/CSU 1966 unter Kurt Georg Kiesinger eine Große Koalition mit der SPD eingingen, wandten sich Teile des konservativen, nationalen und antikommunistischen Bürgertums von der Union ab. Nicht zuletzt waren es die bisweilen gewaltsamen Studentenproteste, die die NPD-Parolen von Sicherheit und Ordnung auf fruchtbaren Boden fallen ließen.

Mehr als 25.000 Mitglieder hatte die NPD schon 1966. Bis 1969 gelang es ihr, in sieben Landtage einzuziehen, in Baden-Württemberg erreichte sie bei den Landtagswahlen 1968 mit 9,8 Prozent ihr bis heute bestes Ergebnis. In die Bundestagswahl 1969 ging die Partei mit hohen Erwartungen – umso größer war die Enttäuschung darüber, mit 4,3 Prozent knapp den Einzug in den Bundestag verpasst zu haben. Doch die Rahmenbedingungen, die in den Jahren zuvor den Aufstieg der Partei begünstigt hatten, waren andere geworden: 1968 hatte ein erneuter Wirtschaftsaufschwung eingesetzt. Die Union versuchte selbst, potenzielle NPD-Wähler mit nationalen Tönen anzusprechen. Die NPD-Kernthemen Ostpolitik und Wiedervereinigung interessierten die Öffentlichkeit wenig. Gleichzeitig warnten alle etablierten Parteien wie auch die wichtigen Medien und Vertreter der Wirtschaft 1969 vor einem Einzug der NPD in den Bundestag. Dass es am Rande von NPD-Veranstaltungen immer wieder zu Tumulten zwischen Ordnern und Gegendemonstranten kam, verstärkte ihren Ruf als "Krawallpartei". Schließlich wurden in Kassel zwei Protestierer, die den damaligen NPD-Parteivorsitzenden Adolf von Thadden bedrängt hatten, von dessen Leibwächter angeschossen und verletzt. Damit war das Image der NPD endgültig ruiniert.

Die 1970er und 1980er Jahre: Sturz in die Bedeutungslosigkeit

Mit der Wahlniederlage von 1969 begann ein jahrzehntelanger Niedergang der NPD. Innerparteiliche Richtungskämpfe zwischen Radikalen und Gemäßigten brachen auf. Letztere setzten sich anfangs durch. Im 1970 verabschiedeten "Wertheimer Manifest" hieß es explizit: "Die NPD ist konservativ." Fast verzweifelt bot sie sich der CDU als national-konservativer Koalitionspartner im Kampf gegen alles Linke und die sozialliberale Bonner Politik an. Doch der Kurs zahlte sich nicht aus. Ab 1969, mit Antritt der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt, war die CDU zur Oppositionspartei geworden und rückte selbst nach rechts. Eine Stimme für die Union schien erfolgversprechender zur Ablösung Brandts und zum Stopp seiner Ostpolitik als eine für die NPD.

Die radikalen Stimmen innerhalb der NPD wandten sich immer schärfer gegen den gemäßigten Kurs der Parteispitze. Im Umfeld der Partei tauchten zu jener Zeit erste bewaffnete Gruppen auf. 1971 warf Adolf von Thadden schließlich das Handtuch, die NPD, so Thadden, sei in einem "Zustand der faktischen Nicht-Mehr-Führbarkeit". Die Partei wählte den wenig charismatischen Martin Mußgnug zum Nachfolger und blieb vorerst auf gemäßigtem Kurs. Doch die vorgezogene Bundestagswahl 1972 brachte erneut eine vernichtende Niederlage (0,6 Prozent). Bei einer historisch hohen Wahlbeteiligung von 91,1 Prozent und in der Polarisierung zwischen Union und SPD/FDP wurde die NPD regelrecht zerrieben. Immer mehr Mitglieder traten aus, etliche Alte gingen zur nationalpopulistischen DVU, die der Münchner Verleger Gerhard Frey 1971 gegründet hatte. Bis 1972 hatte die NPD alle ihre Landtagsmandate wieder verloren. Das Ausbleiben der Wahlkampfkostenerstattung stürzte sie in eine finanzielle Krise.

Die 1970er und 1980er Jahre überlebte die NPD nur mit Durchhalteparolen. Die Wahlergebnisse waren marginal, mehrfach wurde die Selbstauflösung erwogen. Anfang der 1980er war die NPD politisch vollkommen bedeutungslos geworden. Zwar versuchte sie, Ressentiments gegen Gastarbeiter und andere Migranten zu mobilisieren. Um sich einen überparteilichen, bürgernahen Anstrich zu geben, gründete sie Tarngruppen mit dem Namen ”Initiative Ausländerstopp”. Doch von einzelnen Ausnahmen abgesehen (etwa bei den hessischen Kommunalwahlen 1989, als sie mit 6,6 Prozent in den Stadtrat von Frankfurt/Main einziehen konnte), blieb die NPD erfolglos. Die DVU und die 1983 von CSU-Rechtsabweichlern gegründeten, vergleichsweise bürgerlichen Republikaner erwiesen sich bei der Wählerschaft als attraktiver.

Die 1990er Jahre: Öffnung für Militante und Wiederaufstieg im Osten

Von der Revolution in der DDR wurde die NPD ebenso überrascht wie alle anderen westdeutschen Parteien. Zwar versuchte sie schon kurz nach dem Mauerfall im Osten Fuß zu fassen. Kartonweise verteilte die NPD auf den Leipziger Montagsdemonstrationen Werbematerial. Im März 1990 gründete sie einen Ableger in der DDR namens "Mitteldeutsche Nationaldemokraten (MND)", Man versuchte auch antikapitalistische Töne, das erste MND-Flugblatt etwa forderte "eine Verbindung der freien Marktwirtschaft Westdeutschlands mit unserer sozialen Struktur", ein System "ohne die Diktatur der multinationalen Konzerne und der Planungsbürokratien des Kommunismus".

Doch bei den Wahlen im Herbst 1990 scheiterte die NPD auf ganzer Linie, bei allen Landtagswahlen blieb sie unter einem Prozent, bei der Bundestagswahl im Dezember erreichte sie lediglich 0,3 Prozent – zudem endete das Jahr 1990 für die NPD mit einem Schuldenberg von 1,5 Millionen DM. Helmut Kohl und die CDU banden wohl mit nationalem Pathos und fürsorglichen Sozialstaats-Versprechen fast alle Wähler, die möglicherweise für NPD-Parolen anfällig gewesen wären. Das Ausländerthema zog in den neuen Ländern (noch) nicht, wohingegen das Infragestellen der Oder-Neiße-Grenze auf breitere Wählerschichten mit antifaschistischer DDR-Sozialisation abschreckend wirkte.

In dieser Situation schlug die NPD-Spitze um Martin Mußgnug die Auflösung der Partei vor. Er wollte die NPD in die neue Sammlungsbewegung namens Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) überführen, die von Rechtsabweichlern der Republikaner gegründet worden war. Doch der Widerstand der Partei war zu groß: Bei einer Kampfabstimmung 1991 setzte sich Günter Deckert durch, der auf Eigenständigkeit beharrte. Mit geschichtsrevisionistischen Thesen steuerte er die Restpartei bis Mitte der 1990er Jahre ins völlige Abseits. Deckert musste schließlich wegen Holocaust-Leugnung ins Gefängnis.

1994 verzichtete die NPD – erstmals in ihrer Geschichte – auf einen Antritt bei der Bundestagswahl. Als Wahlpartei war sie tot. Zur militanten rechtsextremen Szene, die Anfang der 1990er Jahre in Ostdeutschland einen Aufschwung erlebte, hielt die NPD Abstand. Dieses Milieu hatte ab 1990 vor allem die neonazistische Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF) von Michael Kühnen und Gruppen wie die Freiheitliche Arbeiterpartei (FAP) oder die Nationalistische Front (NF) gebunden. Von ihnen hatte sich die NPD, wie in den Jahrzehnten zuvor auch gegen andere harte und gewalttätige Neonazigruppen, mit Unvereinbarkeitsbeschlüssen abgegrenzt, vor allem aus Angst vor einem Parteiverbot.

Doch als die Innenminister von Bund und Ländern nach der Gewaltwelle von Hoyerswerda, Mölln, Solingen und Rostock-Lichtenhagen zwischen 1992 und 1995 zahlreiche rechtsextreme Gruppen verboten, schwenkte die NPD um. Viele Mitglieder der verbotenen Organisationen suchten eine neue Heimat, und die NPD suchte dringend neue Mitglieder. Als erstes öffnete sich ihre Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN), die ohnehin radikaler und aktionsorientierter war als die Mutterpartei und immer wieder seit ihrer Gründung 1970 inhaltliche Kurswechsel vorweggenommen hatte. Demonstrativ beteiligte sich der damalige JN-Vize Holger Apfel am neonazistischen Rudolf-Hess-Gedenkmarsch 1993 und ebnete fortan Kadern aus jenem Spektrum den Weg in seine Partei. Nachdem Udo Voigt 1996 die Nachfolge des inhaftierten Günter Deckert angetreten hatte, öffnete sich auch die NPD. Viele hundert militante Neonazis strömten in die vollkommen überalterte Partei. Etliche Führungskader verbotener Gruppen stiegen in der NPD auf, etwa Thorsten Heise (ehemals FAP), Jens Pühse (ehemals NF) oder Thomas Wulff (ehemals GdNF).

Mit ihren neuen Mitgliedern brachte die NPD plötzlich Tausende zu martialischen Großdemonstrationen auf die Straßen, etwa am 1. März 1997 bei einem Protestzug in München gegen die umstrittene Wehrmachtausstellung oder zum 1. Mai 1998 in Leipzig. Die NPD förderte die Verbreitung von Rechtsrock und transportierte durch die Musik ihre Ideologie. Voigts zweiter wichtiger Kurswechsel war inhaltlicher Art. Die NPD radikalisierte sich. Sie definierte sich nicht mehr als konservativ, sondern als ausdrücklich "revolutionäre Partei". Und sie konzentrierte sich auf soziale Themen. Besonders erfolgreich war die NPD damit in Ostdeutschland, wo sie eine verbreitete Unzufriedenheit mit der Wiedervereinigung ausnutzen konnte. Schon zwei Jahre nach Voigts Amtsantritt erreichte die NPD bei der Landtagswahl 1998 in Mecklenburg-Vorpommern mehr als ein Prozent und konnte erstmals seit Jahren wieder von der staatlichen Parteienfinanzierung profitieren. Bis zum Jahr 2000 stieg die Zahl der NPD-Mitglieder auf 6.500.

Die 2000er Jahre: Geplatztes Verbot und Sprung in zwei Landtage

Zugleich aber trug ihr Öffnungskurs der NPD ein Interner Link: Verbotsverfahren ein. Mit Verweis auf deren revolutionäre Rhetorik und die unverhohlene Kooperation mit Neonazis beantragten Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat im Jahr 2000 beim Bundesverfassungsgericht, die Partei für verfassungswidrig zu erklären. Doch im Januar 2001 kam heraus, dass in der Klageschrift die Äußerungen und Taten gleich mehrerer V-Leute als Belege für die Verfassungswidrigkeit der NPD herangezogen worden waren. Deren Doppeltätigkeit war allerdings unerwähnt geblieben. Die Prozessvertreter des Staates räumten in Karlsruhe schließlich ein, dass etwa 30 der rund 200 NPD-Vorständler auf Bundes- oder Landesebene – also fast jeder siebte – Geld vom Verfassungsschutz bekommen habe. Dem Gericht genügte der bloße Verdacht, die Behörden könnten über solche V-Leute Einfluss auf den Kurs der Partei genommen haben, um das Verbotsverfahren im März 2003 ohne Hauptverhandlung abzubrechen.

Das geplatzte Verfahren hatte der Partei große Aufmerksamkeit beschert. Die NPD konzentrierte ihre Ressourcen in Sachsen. Sie verlegte etwa den Parteiverlag Deutsche Stimme nach Riesa, wodurch ein knappes Dutzend sicherer Jobs für Funktionäre entstand, die dann nebenher weitere Aufbauarbeit leisten konnten. Schon bei der nächsten Landtagswahl 2004 zeigte sich der Erfolg: Angetrieben von Protesten gegen die Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Bundesregierung holte die NPD 9,2 Prozent. Erstmals seit vier Jahrzehnten zog die Partei wieder in ein Landesparlament ein. Der Erfolg wiederholte sich zwei Jahre später in Mecklenburg-Vorpommern mit 7,3 Prozent.

Etwa 2006 stand die NPD auf dem Höhepunkt ihrer zweiten Erfolgswelle. Die Landtagsfraktionen schufen etliche bezahlte Stellen für Abgeordnete und Referenten. Sie boten eine medienwirksame Bühne, auf der die Partei mit kalkulierten Grenzüberschreitungen Schlagzeilen provozieren konnte, etwa als sie die alliierten Luftangriffe auf Dresden im Zweiten Weltkrieg als "Bomben-Holocaust" titulierte. Dank der Fraktionsgelder konnte die NPD in beiden Bundesländern Bürgerbüros eröffnen und Flugblätter en masse drucken. Mittels kleiner Anfragen besorgte sie sich im Landtag Informationen, die Kommunalpolitikern vor Ort zur Profilierung nutzen konnten, etwa zu geplanten Schulschließungen oder überfälligen Straßenreparaturen. In ihren Anträgen nahm die NPD verbreitete Bürgersorgen auf, protestierte beispielsweise gegen Schulschließungen oder forderte Minister populistisch zum Eingreifen auf, wenn irgendwo im Lande ein Unternehmen vor der Pleite stand. Parallel baute die NPD ihre Parteistrukturen aus. So wurde im Jahr 2006 der Interner Link: Ring Nationaler Frauen (RNF) gegründet, Vorsitzende wurde die einzige Landtagsabgeordnete der Partei, Gitta Schüßler aus Sachsen. Der RNF sollte (und soll) die wenigen weiblichen Mitglieder, die in der männerdominierten Partei regelmäßig an den Rand und in traditionelle Rollenmuster gedrängt werden, sichtbarer machen und ihnen eigene Betätigungsfelder öffnen.

Doch die Erfolge verstärkten letztlich auch die internen Spannungen. Ein Teil der Partei wollte einen zumindest äußerlich gemäßigten Weg einschlagen und offene Bezüge zum Nationalsozialismus vermeiden – in der Hoffnung, durch diese Art von Modernisierung für breitere Wählerschichten attraktiv zu werden. Zu dieser Gruppe gehörte Holger Apfel, der zum Chef der sächsischen Landtagsfraktion aufgestiegen war. Man hatte die Vorzüge der parlamentarischen Arbeit kennen- und schätzen gelernt und wollte wiedergewählt werden. Auf der anderen Seite stand ein Teil der Parteibasis. Vor allem aus dem Spektrum der neonazistischen Kameradschaften wurde den Abgeordneten vorgeworfen, sich allzu sehr ans "System" anzupassen und sich korrumpieren zu lassen. Udo Voigt als Vorsitzender versuchte lange, beide Flügel zu integrieren und eine Vermittlerposition einzunehmen.

Doch ab 2007 eskalierte der Konflikt. So kritisierte der Parteivorstand erst per Beschluss die militante Szene der Autonomen Nationalisten, ruderte wenig später aber zurück, weil er einsah, auf diesen Teil der Basis nicht verzichten zu können. Im Jahr darauf sorgten Vertreter des neonazistischen Flügels der NPD für einen Skandal, als sie bei der Beerdigung des Altnazis und Rechtsterroristen Friedhelm Busse eine Hakenkreuzfahne ins Grab legten. Weil Parteichef Voigt nicht eingriff, stellte sich der Modernisierer-Flügel gegen ihn, versuchte ihn beim Parteitag 2009 zu stürzen, blieb aber erfolglos. Zwar gelang der NPD im Herbst 2009 in Sachsen erstmals in der Parteigeschichte überhaupt der Wiedereinzug in einen Landtag, doch der Abwärtstrend hatte bereits eingesetzt. Dazu trugen sicher auch zahlreiche Initiativen gegen Rechtsextremismus bei, die seit 2000 – gefördert durch Bundes- und Landesprogramme – erheblich stärker geworden waren. Jedenfalls blieb die NPD 2009 in Sachsen wie auch 2011 in Mecklenburg-Vorpommern mit 5,6 bzw. 6,0 Prozent deutlich unter den fünf Jahre zuvor erreichten Resultaten. In Thüringen und Sachsen-Anhalt scheiterten die erhofften Landtagseinzüge. Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 kam die NPD (mit Udo Voigt als Spitzenkandidaten) auf lediglich 2,1 Prozent. In den West-Bundesländern blieben die Ergebnisse niedrig, in Rheinland-Pfalz, Bremen und Baden-Württemberg erreichte die Partei lediglich rund ein Prozent, in Hamburg sogar noch weniger.

Zudem begann eine Kette von Finanzskandalen. Nachdem Mauscheleien im Landesverband Thüringen aufgeflogen waren, behielt die Bundestagsverwaltung staatliche Gelder von fast 900.000 Euro ein. Dann flog auf, dass der Bundesschatzmeister sechsstellige Summen entwendet hatte. Sein Nachfolger war offenbar schlicht überfordert, wegen eines fehlerhaften Finanzberichts forderte der Staat mehr als zwei Millionen Euro zurück. Die NPD war heillos überschuldet, sie musste einen Großteil ihrer Mitarbeiter in der Berliner Parteizentrale entlassen. Auch das parteieigene Verlags- und Versandhaus Deutsche Stimme rutschte tief in die roten Zahlen. Die interne Kritik an Udo Voigt wurde immer lauter.

Die 2010er Jahre: Wahlschlappen, drei Vorsitzende und ein neues Verbotsverfahren

Auf dem Parteitag 2010 konnte Voigt ein letztes Mal einen Erfolg vorweisen: Die jahrzehntelang konkurrierende DVU hatte sich nach dem Abgang ihres Gründers Gerhard Frey bereitgefunden, mit der NPD zu fusionieren. Doch war auch die DVU in desolatem Zustand, der Zusammenschluss konnte daher ebenso wenig eine neue Dynamik entfachen wie das 2010 nach langen Beratungen verabschiedete Interner Link: Grundsatzprogramm. Im Herbst 2011 unternahm der gemäßigte Parteiflügel einen weiteren Versuch, Voigt abzulösen – diesmal erfolgreich. Interner Link: Neuer Vorsitzender wurde Holger Apfel. Er wollte die gesamte Partei auf einen bürgerlicheren Kurs führen (Apfels Schlagwort dafür: "seriöse Radikalität"), mit dem in Sachsen bereits zweimal der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde gelungen war. Zahlreiche Kritiker verließen die Partei. Auch weite Teile des militanten Kameradschaftsspektrums, seit den 1990er Jahren eine Säule der Partei, wandten sich ab. Außerdem ging Apfels Kalkül nicht auf, durch ein weicheres Image neue Wähler zu gewinnen. Praktisch zeitgleich mit seinem Amtsantritt flog die Terrorgruppe Interner Link: Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) auf. Deren Mordtaten führten der breiten Öffentlichkeit die letzte Konsequenz rechtsextremer Ideologie deutlich vor Augen, und direkte Verbindungen der Jenaer Terroristen zu NPD-Parteifunktionären wurden bekannt. Der Schock über den NSU trug auch dazu bei, dass im Dezember 2013 vor dem Bundesverfassungsgericht ein zweites Interner Link: Verbotsverfahren gegen die NPD startete.

Nach nur gut zwei Jahren im Amt trat Apfel im Dezember 2013 zurück. Vorangegangen waren Vorwürfe, er habe junge Kameraden in seinem Landesverband sexuell belästigt. Bei der sächsischen Landtagswahl im folgenden Herbst scheiterte die NPD mit 4,95 Prozent ganz knapp. Neben den parteiinternen Querelen hatte dazu auch die neue Interner Link: Konkurrenz durch die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) beigetragen

Auch bei den Landtagswahlen 2014 in Brandenburg und Thüringen blieben die Ergebnisse weit hinter den Erwartungen der NPD, ebenso bei der Europawahl. Hier hatte sich die Partei nach dem Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde bis zu drei Mandate erhofft, errang aber letztlich nur eines. Der Sitz fiel an Udo Voigt, der sich den ersten NPD-Listenplatz gegen den Übergangsvorsitzenden Udo Pastörs hatte sichern können. Die parlamentarischen Möglichkeiten in Straßburg sind begrenzt, weil Voigt – ebenso wie die Abgeordneten der faschistischen Goldenen Morgenröte aus Griechenland oder der ungarischen Jobbik – keinen Fraktionsanschluss gefunden hat. Doch gelang es ihm, Mitglied im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zu werden; hier werden provokationsträchtige Themen wie Migration und Minderheitenrechte verhandelt. Zudem kann Voigt nun mit Parlamentsgeldern Büros und einen sechsköpfigen Mitarbeiterstab finanzieren.

Im November 2014 versuchte die Partei mit der Wahl eines jungen Vorsitzenden, des damals erst 36-jährigen Frank Franz, einen Neuanfang. Er hat angekündigt, den gemäßigten Kurs von Holger Apfel fortzusetzen, stößt damit aber wie sein Vorgänger auf interne Widerstände. Im fünfzigsten Jahr ihres Bestehens verfügt die NPD nun nur noch in Mecklenburg-Vorpommern über eine Landtagsfraktion. Doch auf lokaler Ebene ist sie in etlichen Regionen in Ostdeutschland weiter fest verankert, etwa in der Sächsischen Schweiz oder im Erzgebirge, in Teilen Thüringens und Sachsen-Anhalts. Besonders stark ist die Verwurzelung in Vorpommern. Dort haben Partei- und parteinahe Kader zahlreiche Kommunalmandate erobert, außerdem etliche Immobilien erworben und Kleinunternehmen aufgebaut. So sind stabile politische und wirtschaftliche Netzwerke entstanden, mit denen die NPD langfristig das gesellschaftliche Klima rechtsextrem prägen kann. An etlichen Orten bundesweit gelingt es der Partei trotz ihrer Krise auch immer wieder, mit Kampagnen gegen Flüchtlingsunterkünfte größere Anhängerschaften zu mobilisieren. Angesichts der stark gestiegenen Zahl von Asylbewerbern und den Ressentiments gegen sie hofft die Partei auf einen Wiederaufschwung, womöglich nicht zu Unrecht: Eine Meinungsumfrage im September 2015 sah die NPD in Sachsen bereits wieder bei fünf Prozent und damit zurück im Landtag.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Münchner Merkur vom 1. Dezember 1964.

  2. Zur Parteigeschichte 1965-2004 siehe ausführlich das Kapitel "Der zweite Frühling der NPD" in: Toralf Staud: Moderne Nazis. Die neuen Rechten und der Aufstieg der NPD. Köln 2005. S. 29ff., auf dem Teile des vorliegenden Textes basieren.

  3. In der Mitgliedschaft der frühen NPD betrug der Anteil ehemaliger NSDAP-Mitglieder 35 Prozent, unter den Landtagsabgeordneten 60 Prozent, unter den Parteivorstandsmitgliedern 73 Prozent und unter den Gesellschaftern der Parteizeitung Deutsche Nachrichten 100 Prozent – Quelle: Niethammer, Lutz: Angepasster Faschismus. Politische Praxis der NPD. Frankfurt/Main 1969, S. 235.

  4. Smoydzin, Werner: NPD. Geschichte und Umwelt einer Partei. Pfaffenhofen/Ilm 1967, S. 134.

  5. vgl. DIE ZEIT 18/1970 vom 1. Mai 1970.

  6. vgl. Stöss, Richard: Die Entwicklung des Rechtsextremismus. In: Glaeßner, Gert-Joachim/Holz, Jürgen/Schlüter, Thomas (Hrsg.): Die Bundesrepublik in den siebziger Jahren. Versuch einer Bilanz. Opladen 1984, S. 53-70, hier S. 58.

  7. zit. nach: Leipzig ganz rechts. Eine Dokumentation rechtsextremer Aktivitäten in Leipzig 1989-1995. Broschüre im Bestand des Antifaschistischen Pressearchivs und Bildungszentrums (apabiz), Berlin, Signatur: 4/2/3/9045A, S. 20.

  8. Ausführlich zur Geschichte der JN siehe beispielsweise: Hoffmann, Uwe: Die NPD. Entwicklung, Ideologie und Struktur. Frankfurt/Main 1999, S. 410ff. oder Urban, Olaf: Die Jungen Nationaldemokraten. In: Der Rechte Rand Nr. 151, November/Dezember 2014, S. 24f.

  9. Externer Link: http://www.faz.net/aktuell/politik/bundesverfassungsgericht-npd-verbotsverfahren-endgueltig-gescheitert-193297.html

  10. Hierzu detaillierter Staud, Toralf/Radke, Johannes: Neue Nazis. Jenseits der NPD – Populisten, Autonome Nationalisten und der Terror von rechts. Köln 2012, S. 123ff.

  11. Externer Link: http://www.faz.net/aktuell/politik/bundesverfassungsgericht-npd-verbotsverfahren-endgueltig-gescheitert-193297.html

  12. Externer Link: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-11/npd-frank-franz-parteitag

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geboren 1972 in Salzwedel, studierte nach Abitur und Zivildienst Journalistik und Philosophie in Leipzig und Edinburgh. Nebenher arbeitete er unter anderem für die taz, MDR info und die Nachrichtenagentur AP. Ab 1998 hat er als Redakteur der ZEIT unter anderem die rechtsextremistische Szene und die NPD beobachtet. Seit 2005 lebt er als freier Journalist und Buchautor in Berlin. Er hat das Portal www.netz-gegen-nazis.de mitaufgebaut und ist Mitherausgeber von "Das Buch gegen Nazis".